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Archiv-Artikel

Ein Waffenstillstand muss her KOMMENTAR VON GEORG BALTISSEN

Gewiss sind sie schwach. Aber es gibt sie, die Zeichen der Hoffnung und der Vernunft. Nach zehn Tagen Krieg, nach hunderttausenden von Flüchtlingen und hunderten von Toten werden die Rufe nach einem Waffenstillstand lauter. Und die Forderungen nach einer politischen Beilegung des Krieges. Das israelische Dauerbombardement hat weniger die Hisbollah als vielmehr die Zivilbevölkerung im Libanon getroffen und die Infrastruktur des Landes teilweise zerstört.

Militärisch ist Israels Invasion eher eine Pleite. Empfindliche Verluste konnte Israel der Hisbollah-Miliz offenbar bislang nicht beibringen. Die Kampfkraft der Hisbollah ist nicht geschwächt. Auch der Raketenbeschuss auf Israels Norden ist nicht gestoppt.

Umso bemerkenswerter ist die Erklärung des libanesischen Ministerpräsidenten Fuad Siniora, die Welt solle dem Libanon helfen, die Hisbollah zu entwaffnen, denn die Organisation schade dem Libanon. Dies ist nicht nur eine Kampfansage an die Hisbollah, sondern auch ein recht ungeschminktes Angebot an die USA, die EU und die UNO, für einen sofortigen Waffenstillstand zu sorgen, um alsdann mit internationaler Hilfe den libanesischen Proporz neu zu ordnen. Was unter anderen Umständen einem Aufruf zum innerlibanesischen Bürgerkrieg gleichkäme, könnte vielleicht den Weg für eine politische Neuordnung im Zedernstaat ebnen.

Auch die israelische Regierung scheint nicht mehr allein der Feuerkraft ihres Bombenarsenals vertrauen zu wollen. Anders ist die Bitte des israelischen Außenministeriums um eine Vermittlerrolle Deutschlands bei der Rettung der entführten israelischen Soldaten kaum zu verstehen. Es ist deshalb höchste Zeit, dass die USA diese kleine Gelegenheit beim Schopfe ergreifen und US-Außenministerin Condoleezza Rice endlich nach Jerusalem reist, um der militärischen Logik eine politische entgegenzusetzen.

Damit dies geschieht, müssen freilich auch die europäischen Verbündeten der USA, allen voran die deutsche Regierung, offensiv vertreten, dass die militärische Eskalation gestoppt werden muss – dass also Israel seinen Bombenkrieg einstellt. Diese Klarheit hat Berlin bisher vermissen lassen.