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Archiv-Artikel

Ein Plädoyer für die Fernreise trotz Klimaschock Machu Picchu, trotz alledem

Schwarzwald, dem Klima zuliebe? Tatsächlich könnte sich eine neue Lust an der Nähe zum neuen Reisetrend entwickeln. Der ist nicht nur umweltfreundlich, sondern stärkt auch die regionale Wirtschaft mit ihren mittelständischen Strukturen.

Problematisch wird diese wiederentdeckte Liebe zur Provinz nur, wenn sie sich selbstgefällig zur allein seligmachenden Reisekultur stilisiert. Wenn das Erfahren und Erkunden ferner Regionen und Länder als ausgemachte Ökoschweinerei gebrandmarkt wird. Zum Beispiel Flugreisen nach Vietnam, Trinidad oder Machu Picchu. Das kann nicht die Alternative sein. War man nicht gerade erst stolz darauf, dass die Deutschen, nicht zuletzt durchs Reisen, weltoffener geworden sind? Nicht nach zwei Wochen Domrep, aber möglicherweise nach fünf Türkeiaufenthalten mit der Erfahrung, dass Türken auch schöne Häuser und bewundernswerte Traditionen haben. Und hat nicht die Linke theoretisch den Internationalismus gepriesen, den Reisen sinnlich vermittelt? Reisen in ferne Länder bildet, weitet den Blick. Die Erfahrung des Fremden relativiert des Eigene. Dabei gilt auch: Weniger und länger ist mehr.

Es ist ein schönes Privileg, verreisen zu können. Aber es ist eine Ausbeutung der Umwelt, wenn diese Lebensqualität zu einem indirekt subventionierten Flugpreis angeboten wird. Nicht die Lust auf die Ferne ist verwerflich. Der Skandal ist, dass zwei Wochen Domrep billiger sind als zwei Wochen Ostsee. Das hat System im weltweiten Verdrängungswettbewerb, und längst gehört das Flugbenzin besteuert. Fliegen ist der Umweltkiller Nummer eins und Billigflieger sind die Nutznießer einer verfehlten Mobilitätspolitik. Das sind strukturelle Bedingungen, denen man mit klaren politischen Vorgaben entgegenwirken muss. Machu Picchu guten Gewissens genießen – mit Emissionsablass möglicherweise –, das mag klingen wie sich waschen und dabei nicht nass machen. Es ist aber nur der ganz normale Umgang mit Widersprüchen. Und nur diese führen bekanntlich zu neuen Konzepten. Lediglich Fundamentalisten entkommen diesen Widersprüchen. EDITH KRESTA