"Ehrenmord"-Prozess: "Ich würde sie wieder töten"
Er hat sie bedroht, sie flüchtete, ein Verfahren wegen Körperverletzung lief. Dennoch starb die Münchnerin Sazan B. Vor Gericht hat ihr Mann alles gestanden - und nichts bereut.
MÜNCHEN taz Kaum eine Regung war Kazim Mahmud R. anzumerken. Ruhig saß er da am Dienstag, dem vierten Verhandlungstag im Landgericht München I. Sakko, gestreiftes Hemd, die Hände meist unter dem Tisch verschränkt. Nur manchmal nickte der Geständige ein wenig. Dann, wenn der Zeuge, der Richter und der Gutachter über den Tathergang redeten, wenn sie wieder Details nacherzählten vom Ehrenmord an seiner damals frisch geschiedenen Frau.
Am Mittwoch soll die Schwurgerichtskammer das Urteil fällen. Die Anklage lautet auf Mord, und die Tatbestandsmerkmale sind unzweifelhaft. Die Tat fand am helllichten Tag auf offener Straße statt. Und der 35-jährige Kurde ist voll geständig - auch wenn er nichts bereut. Im Gegenteil: "Ja, ich habe meine Frau getötet und würde es wieder tun." R. bereut nicht, dass er mit einem Messer auf Sazan eingestochen hat, 12-, 13-mal. Er bereut nicht, dass er die schwer verletzte Frau mit Benzin übergossen und angezündet hat, während sein fünfjähriger Sohn Randek danebenstand. "Kultur und Religion" hätten ihm erlaubt, das zu tun, "was ich tun wollte", rechtfertigte sich R. im Lauf der Verhandlung. Ein Wertverständnis, das nach Einschätzung des Gutachters Norbert Niederbühl allerdings nicht religiös beeinflusst ist, sondern eher traditionell "landsmannschaftlich".
In dieser kurdischen Wertordnung zählte Sazan B. nichts mehr für R. Er wollte Rache nehmen für seine Seele, die von ihr "verbrannt" worden sei. Neun Monate habe er die Tat gegen seine Frau geplant, "weil sie alle Fenster meines Lebens zugemacht hat". Bei einem Heimatbesuch war sie ihm zugeführt worden. 2001, mit 18 Jahren, reiste sie zu ihm nach Deutschland. Aber von Anfang an wollte Sazan B. ihr eigenes Leben leben. Er wollte in den Irak zurück, sie wollte Schriftstellerin werden. Schließlich reichte sie die Scheidung ein, die am Tag ihres Todes vollzogen wurde. Ein Verhalten, das auch ihre Familie nicht billigte: "Mach mit ihr, was du willst, sie gehört dir", soll ihr Vater laut einem Zeugen gesagt haben. Und: "Töte sie oder ich töte dich."
Ein Jahr vor der Tat hatte Sazan B. ihren Mann das erste Mal angezeigt, er bekam ein Kontaktverbot. Gehalten hat er sich daran nie in den Monaten bis zur Tat. R. versuchte, in ihre Wohnung einzubrechen, öffnete ihren Briefkasten, legte seiner Frau eine Kassette aufs Fenstersims. Darauf die Botschaft, dass man sie in der Hölle treffen werde.
Einen Monat vor ihrem Tod war Sazan B. schließlich in ein Münchner Frauenhaus geflüchtet aus Angst vor ihrem gewalttätigen Mann. Bleiben konnte sie dort aber nicht: Sie war nach ihrem gescheiterten Asylantrag nur geduldet in Deutschland, sie unterlag der Residenzpflicht, also blieb ihr nichts anderes, als in ihre Garchinger Wohnung zurückzukehren. Diese Vertrautheit wollte sie nicht aufgeben, wollte nicht zugunsten ihrer eigenen Sicherheit komplett in einen anderen, wieder neuen Landkreis umziehen. Eine Woche vor dem Mord, am 17. Oktober, stand R. schließlich wegen Bedrohung und Körperverletzung seiner Frau vor Gericht. Die Verhandlung musste wegen eines von R. angezettelten Dokumentenstreits vertagt werden.
Eine Woche später, am 25. Oktober 2006, starb Sazan B. im Klinikum Bogenhausen an ihren Verletzungen. Am frühen Nachmittag des 24. Oktober 2006 war sie von ihrem Ehemann geschieden worden, um halb sechs abends wurde sie in dem Münchner Vorort Garching niedergestochen, in der Hand zwei Tüten von C&A.
Sie wusste, dass sie verfolgt und bedroht ist. Aber sie vertraute der deutschen Justiz. "Das Gericht hilft mir", soll sie immer wieder gesagt haben.
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