Ehrenamtskarte : Bürgergesellschaft von oben
„Ehrenamtskarte“ klingt nett. Menschen, die sich für die „Bürgergesellschaft“ engagieren, sollen Vergünstigungen erhalten. Warum auch nicht? Die Bürgergesellschaft scheint etwas Ehrenwertes zu sein, und wo der Staat sich dem neoliberalen Zeitgeist folgend zurückzieht, wird sie wohl dringend gebraucht.
KOMMENTAR VON DANIEL WIESE
Nein, was stört, ist nicht das Engagement, sondern seine staatliche Indienstnahme. Mit der Ehrenamtskarte hat das Land Niedersachsen auch die Bedingungen präsentiert, unter denen sie zu vergeben ist – mindestens fünf Stunden Arbeit die Woche, drei Jahre lang. Ministerpräsident Wulff steht mit der Stoppuhr daneben und misst, und wer die Vorgaben erfüllt, dem klopft er auf die Schulter.
Es ist diese patriarchale Geste, die irritiert. Liegt in der Idee der Bürgergesellschaft nicht, dass sie ein Gegengewicht sein müsste zu den Ansprüchen der Staatsgewalt? So gesehen ist schon die staatlich vorgebrachte Forderung nach einem „Engagement für das Gemeinwohl“ paradox. Die Belohnung, die den sich Engagierenden zugedacht ist, macht vollends kenntlich, um was es geht – die „Bürgergesellschaft“ à la Wulff ist eine Outsourcingmaßnahme.
Mit 3.000 Euro pro Stadt kann man sagen, dass sich das Ehrenamt rechnet. Es ist dieselbe Rechnung wie bei den Zivildienstleistenden, sie lautet: Gemeinwohl ist, was nichts kostet.