■ Editorial: Trampelpfad
Alles Lüge: In Wahrheit stinkt Berlin und lärmt und nervt. – Uns auch. Denn eine Baustelle ist eine Baustelle ist eine Baustelle. Da hilft nicht mal ein Putzfimmel. Jeder Tag birgt lauter Überraschungen, meist unannehmlicher Natur; niemand kennt sich mehr aus in all den Umleitungen und Ersatzstrecken. Irgendwas verzögert sich immer und kostet am Ende auch immer und immer mehr. Der Profit vom großen Chaos, man ahnt es, landet regelmäßig in den bekannten großen Taschen. Das ist die Wahrheit, so steht sie Tag für Tag in der Zeitung geschrieben. Auch in dieser, und so wird es auch bleiben, denn was gesagt werden muss, das muss gesagt werden.
In dieser Sonderausgabe des taz.mag wollen wir uns und Ihnen das Vergnügen gönnen, einmal von den Möglichkeiten zu sprechen, die Veränderungen im Allgemeinen und der Baustelle Berlin im Besonderen inne sind. Denn wir wissen: Veränderung bedeutet Bewegung, wo gebaut, wird gehören Lücken, Freiräume und Experimente selbstverständlich dazu. Bei genauerem Hinsehen entdecken wir selbst in der Shopping-Mall am Potsdamer Platz Leute, die hier ein Stück Zuhause gefunden haben, lernen AusländerInnen kennen, die ausgerechnet im Schatten der piefigen Kreuzberger Alternativszene persönliche Freiheit finden. Und stellen fest, dass gesellschaftliche Eliten sich im neuen Berlin erst mal als solche beweisen müssen.
Es gibt noch keine Trampelpfade, keine betonierten Strukturen. Richtig ist nur: Berlin brummt, Berlin bewegt. Das wirbelt, so oder so, Staub auf. Dahinter ist Leben. Sehr neues und sehr altes. Glückliches Berlin eben.
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