EVA-MARIA STANGE: So habe ich den Westen verändert

Nur wenige Menschen im Westen können sich wirklich vorstellen, wie „der Westen“ mit seinen Gesetzen, Regeln und Beamten „den Osten“ verändert hat.

Demokratie und Westgeld, aber auch ein vollkommen neues Krankenkassen- und Steuersystem (Was ist eine Steuererklärung?) – ein grundlegend neues Schulsystem, plötzlich gegliedert in Gymnasium und Mittelschule. Als Lehrerin musste ich mich nach zwölf Jahren Dienst im Osten gemeinsam mit 8.000 anderen neu bewerben.Dann aber hatte ich 1997 das Glück, den Westen kennenzulernen. Für acht Jahre war ich Bundesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft in Frankfurt.Menschlich brachte ich meinen Pragmatismus mit in den Westen – statt lange diskutieren, zügig Lösungen suchen und nach vorn schauen, Probleme direkt und offen ansprechen, gemeinsam, vertrauensvoll und ehrlich nach einem Ausweg suchen.Als Frau kam dazu ein gehöriges Maß an Selbstbewusstsein. Ich war es zunächst nicht gewöhnt, in der Führungsetage oftmals nur von Männern umgeben zu sein. Im Osten war das nicht so, nicht mal in meinen Fächern Mathematik und Physik. Eine spannende Zeit, die auch meine Kollegen im Westen verändert hat.

Eva-Maria Stange war Bundesvorsitzende der GEW. Seit 1958 in Magdeburg aufgewachsen, lebt sie heute in Dresden