EU-Konjunkturausblick: Verschärfte Rezession
Brüssel korrigiert seine Prognosen für die Eurozone nach unten. Die Lage Griechenlands verschlechtert sich weiter. Auch Deutschland hinkt den Erwarungen hinterher.
BRÜSSEL dapd/dpa | Die Staatsdefizite in Europa sinken im Schnitt, teilte die EU-Kommission am Mittwoch in Brüssel in ihrem Herbst-Konjunkturgutachten mit. Doch vorbei ist die Schuldenkrise noch lange nicht. Euroländer wie Frankreich, Spanien, Griechenland oder Zypern bekommen ihre Defizite nicht in den Griff. Ein Wirtschaftswachstum in der Eurozone wird es voraussichtlich erst 2014 wieder geben.
Paris wird im kommenden Jahr beim Defizit auf 3,5 Prozent der Wirtschaftsleistung kommen und es damit nicht – wie verbindlich von der Regierung zugesagt – schaffen, die Maastrichter Grenze von drei Prozent einzuhalten. Das Euro-Schwergewicht Frankreich leidet unter fehlendem Wachstum und hoher Arbeitslosigkeit.
Defizitsünder Spanien sollte eigentlich 2014 den Grenzwert wieder einhalten. Laut Kommission dürfte dies „bei einer unveränderten Politik“ nicht gelingen. Erwartet werden sechs Prozent Defizit im kommenden Jahr und sogar 6,4 Prozent im übernächsten Jahr. Madrid bekommt bereits Hilfen der Europartner für marode Banken und ist ein potenzieller Kandidat für ein Vollprogramm zur Unterstützung des Gesamtstaates.
Etwas besser sieht es in Griechenland aus, das ebenfalls 2014 seine Neuverschuldung unter Kontrolle bringen muss. Erwartet werden für das übernächste Jahr 4,6 Prozent Defizit. Die Politik debattiert, Athen mehr Zeit zum Sparen zu geben. Einen Beschluss dazu gibt es aber noch nicht. Für Zypern, auch ein Anwärter für ein Hilfsprogramm, werden im übernächsten Jahr sechs Prozent Defizit erwartet.
Für Deutschland erwarten die Brüsseler Experten für dieses Jahr nur ein Wachstum von 0,8 Prozent. Für 2013 sieht ihr Gutachten ebenfalls ein mageres Plus von 0,8 Prozent, das ist fast ein Prozentpunkt weniger als in der Frühjahrsprognose. Ein Rückgang zu solidem Wachstum von zwei Prozent wird erst für 2014 prognostiziert.
Ausgeglichener Haushalt in Sicht
Deutlich schneller als erwartet gelingt indes der Defizitabbau: Für 2014 rechnet Brüssel erstmals mit einem ausgeglichenen Haushalt, bis dahin wird jeweils mit einer Neuverschuldung von 0,2 Prozent des Bruttoinlandprodukts gerechnet. Im Frühjahr erwartete die Kommission noch Defizite von 0,9 Prozent für dieses und 0,7 Prozent für nächstes Jahr.
Die Eurozone muss auf einen Konjunkturaufschwung bis zum übernächsten Jahr warten. Im laufenden Jahr soll die Wirtschaft um 0,4 Prozent schrumpfen, für das nächste Jahr wird in Brüssel eine de-facto-Stagnation von plus 0,1 Prozent angenommen. Für 2014 sieht die EU-Behörde 1,4 Prozent Wachstum vorher. EU-Währungskommissar Olli Rehn sagte, die Lage an den Finanzmärkten habe sich zwar entspannt. Aber es gebe keinen Anlass zur Selbstzufriedenheit.
„Europa durchläuft eine schwierige Phase des Abbaus makroökonomischer Ungleichgewichte, die noch eine Weile andauern wird“, so Rehn. „Unsere Projektionen deuten darauf hin, dass sich die Wachstumsaussichten für Europa ab Anfang nächsten Jahres allmählich aufhellen werden.“ Im Mai hatte die Kommission noch auf eine Rückkehr des Wachstums in der zweiten Jahreshälfte 2012 gesetzt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Wahlprogramm der Union
Scharfe Asylpolitik und Steuersenkungen
Scholz stellt Vertrauensfrage
Traut mir nicht
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt
++ Nachrichten zum Umsturz in Syrien ++
Neue israelische Angriffe auf Damaskus