■ EU: Keine Einigung zur Reduzierung der Fischfangflotte: Ende der Freiwilligkeit
Ein bißchen mehr Seelachs, ein bißchen weniger Scholle und Dorsch – darauf haben sich die EU-Fischereiminister geeinigt. Wie immer kurz vor Weihnachten verteilen sie die Pfründen fürs nächste Jahr. Doch bei der langfristig entscheidenden Frage sind sie auch im dritten Anlauf gescheitert: Um wieviel Prozent sollen die Fischfangflotten verkleinert werden, damit die Fischer nicht den Fischen und damit sich selbst die Lebensgrundlage entziehen.
Die Situation ist weltweit dramatisch: Seit den 50er Jahren haben sich die Fangkapazitäten verfünffacht. Doch seit Jahren sinkt die Menge der Tiere, die aus dem Meer gezogen werden. Und das wird weitergehen, weil sich die Fische längst nicht so schnell vermehren können wie die mit Hilfe von staatlichen Subventionen aufgepäppelten Industrien.
In der EU hat man das Problem immerhin erkannt. Die Kommission fordert eine 40prozentige Reduzierung der Kapazitäten und zahlt inzwischen mehr als die Hälfte der Subventionen für das Ausmustern von Schiffen. Doch nach wie vor werden auch in der EU Hunderte von Millionen Mark im Jahr dafür verwendet, die Flotten zu modernisieren und zu erneuern. Dadurch hat sich die Effizienz der Schiffe in den letzten Jahren erhöht und gleichzeitig die Zahl der Fischer und Boote verringert.
Doch Deutschland will bei der jetzt vorgeschlagenen massiven Kapazitätsreduzierung nicht mitziehen. Zum einen hätten die deutschen Fischer in den letzten Jahren schon massiv abgebaut, zum zweiten könne man den Leuten in einem freien Staat nicht vorschreiben, daß sie ihren Kahn verschrotten müßten, heißt es zur Begründung. Trotz attraktiver Abwrackprämien seien kaum noch Bootsbesitzer zum Aufgeben zu bewegen. Der Markt werde das Problem schon richten, glaubt die Bundesregierung: Wenn weniger Fisch da sei und die Quoten deshalb gesenkt werden müßten, würde sich ein Weitermachen nur für die Effektivsten rechnen.
Doch die EU-Kommissarin Emma Bonino will sich auf eine Freiwilligkeit nicht länger einlassen. Und das ist klug so. Zu uneffektiv war das bisherige System. Deshalb hat sie die Modernisierungssubventionen gestoppt und die Fischereiminister verpflichtet, sich bis zum April über einen verbindliche Kapazitätsabbau zu einigen. Dirigismus muß sein, wenn die Wirtschaft ansonsten die Fische und sich selbst stranguliert. Annette Jensen
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen