EU BRAUCHT GEGENÜBER USA EINHEITLICHE STANDARDS BEIM DATENSCHUTZ : Schutzwall gegen Sammelwut
Die europäischen Luftfahrtgesellschaften sind erleichtert: Bei der Übermittlung von Passagierdaten an US-Sicherheitsbehörden gibt es wieder eine einheitliche Rechtsgrundlage für alle Mitgliedstaaten und Fluggesellschaften. Eine Woche lang hatten sie sich im rechtsfreien Raum bewegt, weil das Abkommen zwischen EU und USA Ende September ausgelaufen war. Auch die EU-Kommission ist zufrieden: Die Vereinbarung bietet mehr Datenschutz, als wenn jedes Land einzeln die Bedingungen aushandelt oder die Airlines ihre Kunden Einverständniserklärungen unterschreiben lassen.
Doch das ist kein Grund, sich in den Mitgliedsländern und bei der EU-Kommission entspannt zurückzulehnen. Schließlich gibt es das Datenschutzproblem zwischen den USA und Europa in vielen Bereichen – und die Regelungen sind verworren und uneinheitlich. In manchen Fällen darf das EU-Parlament mitreden, in anderen nicht. In einigen Fällen ist der Europäische Datenschutzbeauftragte zuständig, in anderen nationale Institutionen. Für organisatorische Zwitter wie Europol in Den Haag oder das Schengen-Informationssystem in Straßburg gibt es eigene Datenschutzbeauftragte. Bei solch einem Durcheinander ist die Gefahr groß, dass der Schutz der Privatsphäre und die Verhältnismäßigkeit bei der Speicherung von Daten auf der Strecke bleiben. Dass in manchen Fällen die Maßstäbe für einen angemessenen Umgang mit Privatdaten völlig verloren gegangen sind, hat die Weitergabe von Bankdaten an US-Behörden durch das belgische Unternehmen Swift gerade gezeigt.
Im Antiterrorkampf wird die Sammelwut weiter zunehmen. Dem ist nur mit einer einheitlichen Rechtsgrundlage zu begegnen. Die Regierungen müssen die EU-Kommission mit einem eindeutigen Verhandlungsmandat ausstatten, gegenüber den USA auf europäischen Standards zu bestehen. Ein Europäischer Datenschutzbeauftragter muss breite Zuständigkeit für alle in diesem Rahmen erfassten Daten erhalten. Auch das EU-Parlament muss seine Kontrollfunktion wahrnehmen können. Nur dann haben EU-Bürger eine Mindestgarantie, dass Details aus ihrem letzten Kontoauszug nicht bei einem County-Sheriff auf dem Schreibtisch landen. DANIELA WEINGÄRTNER