ERNEUTE RÄUMUNG BEIM TACHELES : Und wieder geht ein Künstler vom Hof
Am Ende sitzt Angelo Loconte hinter dem Tacheles auf dem Bürgersteig und starrt auf den Asphalt. Nein, sagt der Mann mit dem langen, grauen Haar, er wolle jetzt nichts sagen. Auf dem Handwagen neben ihm eine Plattform mit einer Grasfläche und Figürchen: sein letztes Werk, eine Utopie-Landschaft.
Am Dienstagmorgen hat ein Bagger das Atelier des 53-Jährigen zerlegt – einen Verschlag auf dem Tacheles-Hof. Auch umliegende Großskulpturen wurden unter den Augen eines Gerichtsvollziehers abtransportiert. Ein Gerichtssprecher versicherte, sie würden zurückgegeben.
Damit steuert das Tacheles dem Finale entgegen. Seit September ist der Hof das letzte Besetzerrefugium: Ein Dutzend Künstler harrt zwischen Gittern aus, beobachtet von Securities des Zwangsverwalters.
Doch auch für den Hof laufen Räumungsprozesse. Loconte verlor seinen im Februar. Seit drei Jahren gehörte er zum Tacheles. Nun haben die Künstler gerade noch ein Drittel der ohnehin winzigen Fläche. Vier Hütten stehen noch, erreichbar nur durch ein Zaunlabyrinth.
Auch für die übrigen Künstler sieht es schlecht aus: Sie verloren Ende April ihren Prozess. Man habe Beschwerde eingelegt, sagt Hüseyin Arda, Sprecher ihres Vereins „Art pro Tacheles“. Man verhandele aber auch mit einem Investor über eine „einvernehmliche Lösung“. Namen nennt Arda nicht. Seit zwei Jahren bezahlt eine Kanzlei Tacheles-Künstler für ihren Auszug, angeblich im Auftrag eines Kaufinteressenten. Als Arda 100.000 Euro geboten wurden, lehnte er ab. Diesmal aber gehe es nicht um Geld, sagt der Metallkünstler, sondern um ein „Zukunftskonzept“. Ihnen seien Alternativgrundstücke vorgeschlagen worden. Die hätten sie abgelehnt, aber die Gespräche gingen weiter. KONRAD LITSCHKO