ERICH RATHFELDER ÜBER DIE ABSCHIEBUNG VON ROMA IN DAS KOSOVO : Der tagtägliche Skandal
Wer als Normalmensch mitbekommt, wie morgens die Polizei an die Tür klopft und die Menschen auffordert, innerhalb von zwei Stunden die Sachen zu packen, muss entsetzt sein. Kinder werden aus dem Schlaf gerissen. Doch Schreien und Weinen hilft nicht, der Befehl wird ausgeführt. Die Familie wird zum Flughafen gebracht. Und nach dem Kosovo abgeschoben.
Was für ein schreckliches Szenario. Ein Film aus längst vergangenen Tagen? Nein, es ist tägliche Praxis in Deutschland. Die Roma und Aschkali, die vor Verfolgung und Terror aus dem Kosovo geflohen waren, werden jetzt täglich in das ärmste Land Europas transportiert. Die Kinder sprechen die Sprache nicht, die Familie ist dort nicht verwurzelt, es gibt keine Perspektive, nur Elend und Verzweiflung.
Was muss in Politikern vorgehen, die im Bundesrat in einer Feierstunde der von den Nazis ermordeten Roma gedenken und dann am gleichen Tag eine Vereinbarung mit der kosovarischen Regierung gutheißen, die 12.000 in Deutschland noch verbliebenen Flüchtlinge abzuschieben, wie dies vor einem Jahr geschehen ist? Was bedeutet eine Gedenkfeier, wenn man kurz danach bereit ist, gegen die schwächste und ungeschützteste Bevölkerung Europas vorzugehen, trotz aller Proteste der internationalen Organisationen vor Ort?
Frankreich ist mit den Deportationen von Roma nach Rumänien vorangegangen. Innenminister de Maizière ist zwar nicht Präsident Sarkozy. Denn Deutschland hat die Aktion verrechtlicht. Die Kosovo-Regierung hat einen Rückaufnahmevertrag unterschrieben. Ihr blieb nichts anderes übrig, denn das Kosovo ist finanziell abhängig von der EU und daher erpressbar. Was ist das für ein Europa, das nicht in der Lage ist, eine seit Jahrhunderten drangsalierte Bevölkerungsgruppe menschenwürdig zu behandeln?
Ausland SEITE 8