ENTSCHEIDENDES DETAIL : Zugmodell Größe XXL
Toll sehen sie aus, die neuen Züge für den Nah- und Regionalverkehr, von denen die französische Staatsbahn SNCF rund 2.000 in Auftrag gegeben hat. Fast so schnittig wie ein TGV, gebaut für zusammen 15 Milliarden Euro von den Herstellern Alstom und Bombardier.
Die Reisenden werden die breiteren Abteils schätzen. Für die stolzen Ingenieure der Bahn, die an den Komfort der Passagiere gedacht haben, ist das die Klasse „extra large“.
Nur stehen sie heute da wie ein Schneider, der für den neuen Anzug die Maße falsch genommen hat. Denn so unglaublich das erscheinen mag: Die neuen XXL-Züge sind zu dick!
Weil diese um etwa 20 Zentimeter breiter sind als die bisherigen Waggons, können sie in manchen Bahnhöfen nicht einfahren, ohne Schaden anzurichten. Jetzt müssen halt 1.300 Bahnsteige angepasst werden.
Dies war der SNCF seit einiger Zeit bekannt. Sie hat bereits mit den Umbauten begonnen. Nur war es ihr zu peinlich, das an die große Glocke zu hängen. Ans Licht gebracht hat die Misere nun die Enthüllungs- und Satirezeitung Le Canard Enchaîné.
Die staatliche Eisenbahn nennt als Schuldigen den ebenfalls staatlichen Schienennetzbetreiber RFF. Die von dort gelieferten Normen seien nur auf neuere Bahnhöfe anwendbar. Doch die Ingenieure der „Chemin de Fer“ hatten mit diesen falschen Vorgaben kalkuliert und nicht vor Ort mit den zum Teil hundertjährigen Bahnsteigen verglichen.
„Eine vollkommen logische Anpassung der Infrastruktur“ nennt sich nun der Schildbürgerstreich. Die SNCF nennt als Kostenpunkt vorsichtig 50 Millionen Euro. Das aber ist wohl erneut falsch kalkuliert. Die französischen Regionen (vergleichbar den Bundesländern), die den regionalen Verkehr finanzieren, sprechen von mindestens 300 und sagen klar: „Wir bezahlen dafür keinen Cent!“ RUDOLF BALMER