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Archiv-Artikel

ENDLICH BESTEHT HOFFNUNG AUF EINE NEUE KUBAPOLITIK DER EU Das Ende unsinniger Sanktionen

Kuba und die EU haben ihre diplomatischen Beziehungen wieder voll aufgenommen. Das ist gut und sinnvoll – reden hilft mehr als sich anzuschweigen. Ein bisschen lächerlich hat sich die EU aber dennoch gemacht: Wenn sie nach lediglich symbolischen Goodwill-Akten der kubanischen Seite ihre diplomatischen Sanktionen wieder aufzuheben bereit ist, hätte sie sie eigentlich auch gar nicht verhängen müssen. Sicher, die EU-Länder haben deutlich gemacht, was sie von der Inhaftierung von 75 Dissidenten hielten – aber wirklich unerwartet konnte der Schritt der EU für Fidel Castro eigentlich nicht gekommen sein. Und wenn der alte Comandante kalkulierte, die EU käme schon wieder an Bord, wenn nur etwas Zeit verstrichen sei und man ein paar nette Worte sage, dann hat er – wieder einmal – richtig gelegen.

Tatsächlich hat die kubanische Regierung während der verschiedenen Eskalationsschritte des Konfliktes mit der EU die Initiative nie aus der Hand gegeben. Wollte Brüssel zeigen, dass es auch anders kann, so antwortete Castro schlicht: „ich auch“ – und das mit der Überzeugungskraft eines Revolutionsführers, der zig Mordanschläge, CIA-Umsturzpläne und US-Präsidenten an der Macht überlebt hat. Castro hat ein schier untrügliches Gespür für die Interessenlage und Gemütsverfassungen potenzieller Partner oder Gegner. Das Fingerhakeln der EU um die Einladung von Dissidenten zu diplomatischen Cocktailpartys an den Nationalfeiertagen dürfte den Comandante, so erzürnt er sich offiziell gab, insgeheim belustigt haben.

Das Fazit der Farce: Sanktionen, die wenig bewirken und die man nicht wirklich durchzuhalten bereit ist, sollten besser gar nicht erst beschlossen werden. Dass die Dissidenten sich dennoch erleichtert zeigen und der EU danken, ist verständlich: Je isolierter Kuba ist, desto enger sind auch ihre Spielräume auf der Insel. Bleibt zu hoffen, dass die EU nach dem Abgang des Castro-Hassers José María Aznar in Spanien nun tatsächlich in der Lage ist, eine politische Vision ihrer Kubapolitik zu entwickeln. Eine Vision, in der unsinnige Sanktionen keine Rolle mehr spielen. BERND PICKERT