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Archiv-Artikel

EINE WÄHRUNG FÜR ARGENTINIEN UND BRASILIEN: KLUG, ABER UTOPISCH Der Euro lässt sich nicht exportieren

Es ist noch gar nicht lange her, da fuhr die argentinische Mittelschichtfamilie am Wochenende nach Brasilien und kaufte dort im Supermarkt ein. Heute ist es umgekehrt: Brasilianer, die nahe der Grenze wohnen, decken sich in Argentinien mit Vorräten ein. Dieses Hin und Her ist ein Resultat der extremen Wechselkursschwankungen in den letzten zehn Jahren. Daher ist es nur verständlich, wenn beide Länder – und langfristig auch die anderen Staaten der südamerikanischen Freihandelszone Mercosur – eine gemeinsame Währung anstreben. Und die Idee, sich dabei den Euro zum Vorbild zu nehmen, ist klug – allein sie wird nicht funktionieren, jedenfalls nicht in absehbarer Zeit.

In Europa dauerte es mehr als zwanzig Jahre, bis die EU-Mitglieder ihre Wirtschaftsleistung so weit aneinander angepasst hatten, dass an eine gemeinsame Geldpolitik überhaupt zu denken war – ohne die ist eine Einheitswährung nicht möglich. Damit das Lebensniveau europaweit auf ein ähnliches Niveau steigen konnte, brauchte es politische Gemeinschaftsorgane – Rat, Kommission, Europaparlament, den Europäischen Gerichtshof. Sie sorgten für die Förderung strukturschwacher Gebiete und verteidigten den Gemeinschaftsgedanken gegen nationale Eigeninteressen. Im Mercosur fehlen vergleichbare Instanzen.

Ebenso wenig vorhanden sind Konvergenzkritierien, mit denen die Geldpolitik auf eine gemeinsame Linie gebracht werden soll. Formell gibt es sie zwar – im Rahmen des Mercosur, dem noch Paraguay und Uruguay sowie das assoziierte Chile angehören. Doch bisher sind sie unverbindlich: Statt bei den anvisierten 5,5 liegt die Inflation in Brasilien bei 10, in Argentinien sogar bei 41 Prozent.

Und noch ein weiterer Unterschied zu Europa macht es den südamerikanischen Ländern schwer: In der EU schlossen sich starke Währungen zusammen. Die D-Mark war vor der Euroeinführung die wichtigste Währung für ganz Osteuropa. Peso und Real hingegen sind schwach und hängen vom Dollar ab. Wenn zwei schwache fusionieren, entsteht daraus noch lange keine starke Währung wie der Euro. Hinzu kommt, dass die EU-Länder den größten Teil ihre Außenhandels untereinander abwickeln. Das macht sie unabhängig von Dollar und Yen. Brasilien und Argentinien handeln aber überwiegend mit den USA, mit Europa und mit Japan. Von den Schwankungen der drei großen Währungen werden sie weiter betroffen sein.

Es ist bedauerlich, doch die Länder Südamerikas sind noch weit von einem eigenständigen gemeinsamen Wirtschaftsraum entfernt. Bis es so weit ist, wird dort wohl weiterhin mal dieses, mal jenes Währungsmodell ausprobiert. KATHARINA KOUFEN