Durchs Dröhnland: Du und ich auf dem wuscheligen Bärenfellimitat
■ Die besten und schlechtesten, die wichtigsten und überflüssigsten Konzerte der kommenden Woche
Das Interessanteste an The Tea Party sind weder Musik noch Bandgeschichte, sondern die Promotionidee, die sich ihre Plattenfirma hat einfallen lassen, um das kanadische Trio in Deutschland bekanntzumachen. Die drei aus einem Kaff namens Windsor an der Grenze zu den USA machen keine übliche Tournee, sondern spielen nur in den fünf Städten Frankfurt, Hamburg, Köln, München und Berlin. Dafür werden sie aber an jedem Ort mindestens dreimal in jeweils verschiedenen Clubs mit ungefähr einer Woche Abstand auftreten. Vor Wochenfrist schon im Café Swing, am heutigen Freitag kommt es zum zweiten Auftritt, zwei weitere werden folgen, und der erwünschte Werbeeffekt ist nicht nur durch diese Zeilen schon eingetreten. Das Auffälligste neben dieser Schnapsidee an der Tea Party ist ihr Sänger, der seine Vorliebe für Jim Morrison nicht verhehlen kann und seine Gitarre schon mal mit dem Geigenbogen bearbeitet, auf daß sie wie eine Sitar klingen möge. Überhaupt peppen The Tea Party ihren eigentlich recht antiquierten Rock, der sich hauptsächlich aus den seligen Siebzigern speist, mit allerlei technischen und klanglichen Gimmicks auf. Balladen sind bei ihnen so richtig lahmarschig, ein Bluesrock so richtig schweinebrockenschwer und die poppige Psychedelia aus dem Bilderbuch so dick aufgetragen, daß sie schon fast wieder Camp sind. Und bei genau dieser Maniriertheit kullern die ersten Krokodilstränen, denn das Zerrbild von den Siebzigern, das sich Tea Party aus Doors und Led Zeppelin zusammengebastelt haben, hat mit dem damals real existierenden Jahrzehnt ungefähr soviel zu tun wie „The Songs Remain the Same“ mit Filmkunst.
Am 11.3., 21 Uhr, Huxley's Junior, Hasenheide 108–114, Neukölln, am 18.3., 22 Uhr, Tacheles, Oranienburger Straße 54–56, Mitte und am 30.3., 20.30 Uhr, Loft, Nollendorfplatz 5, Schöneberg.
Eine deutsch-amerikanische Formation aus Berlin sind D-Base 5, die das Schicksal vieler Berliner Bands ereilt hat: schlicht zu spät drangewesen zu sein. Als sie sich vor etwa drei Jahren mit ihrem Funk-Metal aus dem Übungskeller wagten, waren die Blumentöpfe schon an die Red Hot Chili Peppers und andere verteilt. Seitdem spielen sie ihren sehr versierten Crossover mit den unvermeidlichen Rap-Einlagen und Stampferiffs über einem arschkickenden Groove halt weiter in den kleinen Clubs. Das wird sich nicht ändern, auch wenn man in dem Genre in Berlin wahrscheinlich nichts Besseres finden kann.
Am 12.3., 22 Uhr, Schoko-Laden, Ackerstraße 169–170, Mitte.
Im Filzhütchen-Kosmos ist Deutschland eine Macht. Nicht nur, daß sich wohl nirgendwo soviele Fans des traditionellen Skas finden, es gibt auch einige herausragende Kapellen. So auch die Butlers, deren Off-Beat es zwar manchmal an der ausreichend deftigen Bläserunterstützung mangelt, der dafür auf Kleinkinderwitze wie El Bosso verzichtet. Auch die manchmal übertriebene Fun-Aufgeblasenheit von Blechreiz wird zugunsten eines gesunden Geschichtsbewußtseins vernachlässigt. The Butlers lassen keine Verschnaufpausen zu, Flüssigkeitsaustausch und gastronomische Umsätze erreichen bei jedem Auftritt astronomische Höhen. Das garantiert auch die Record Release Party zur Feier des neuesten Ergusses mit dem vielsagenden Titel „Time Tunnel“.
Am 13.3., 20.30 Uhr, Loft.
Hmmmm, da schnurrt nicht nur die Katze. Soul konnte wahrscheinlich nur entstehen, weil es in jedem ehrlichen US-amerikanischen Haushalt einen offenen Kamin im Wohnzimmer zu geben scheint (das wollen uns wenigstens die Soap-operas glauben machen). Denn nur diese Atmosphäre, du und ich auf dem wuscheligen Bärenfellimitat und dazu dann z.B. Maze. Wobei die Bezeichnung Soul ein wenig in die Irre führt, denn bei kaum einer anderen Sparte populärer Musik spielt das Handwerk eine solch gewichtige Rolle. Kein Wunder also, daß viele der großen Soul- Acts schon seit Ewigkeiten existieren, bei Maze sind bald drei Jahrzehnte voll. Und auch wenn sich auf der neuen CD „Back To Basics“ keine solchen unwiderstehlichen Schmuse-Soundtracks wie „Love Is The Key“ von 1983 finden, darf auch im rauchigen Konzertsaal fleißig Händchen gehalten werden. Und diesmal gleich mehrere Feuerzeuge einpacken, denn so viele Balladen, die ansprechend illuminiert werden müssen, gab's auf einem Haufen schon lange nicht mehr. Und alle sind sie heimelig wie ein Bärenfell und weich wie eine Katze.
Am 17.3., 20 Uhr in Huxley's Neuer Welt.
Einige Dinge sterben nie. Auch von Punkrock dachte man das, aber der gute Alte war dann doch schon länger toter als tot oder gleich kurz vorm Abnippeln mutiert zu Hardcore oder auch Metal in all ihren Schattierungen. Vor allem in Berlin war schon lange nichts mehr zu hören von einem freudigen 4/4-Uffta ohne Breaks oder andere überflüssige rhythmische Feinheiten. Doch jetzt gibt es die Terrorgruppe, und die haben alles, was doch wohl einige wirklich vermißt haben. Denn innerhalb kürzester Zeit erspielte sich das Kreuzberger Quartett eine fanatische Stammkundschaft, denen der eigentliche Hauptact meist gänzlich egal war. Und immerhin spielte Terrorgruppe schon vor so illustren Namen wie NO FX oder Rich Kids on LSD. In ihren Texten, die immer in einer überaus einfachen Melodei vorgetragen werden, wird oft und wie in den guten, alten Zeiten der Schulterschluß zur Arbeiterklasse versucht. In ihren kleinen Geschichten aus der Arbeitswelt ist die Welt noch wundervoll fein säuberlich geteilt zwischen arm und reich, gut und böse. Da liegt „Der blöde Chef“ am Strand, während das Arbeiterchen sich an der Bushaltestelle den Arsch abfriert. Die Lösung ist – hätten Sie's gedacht? – Wutablassen beim Punkkonzert. Richtig innovativ werden unsere Klassenkämpfer aber in „Arbeit muß sein bleibt“, wo all den Kali- und Kohlen- Kumpels empfohlen wird, doch froh zu sein, daß sie aus ihren stupiden Jobs entlassen wurden, und sich mit der Arbeitsamtknete einen netten Lenz zu machen. Soviel Einsicht würde man tatsächlich mal den Gewerkschaften wünschen. Ein Problem haben Terrorgruppe aber noch: Bei ihrem ersten Auftritt wurden sie von Feministinnen wegen angeblich sexistischer Texte von der Bühne gezerrt, und seitdem wehren sie sich gegen diesen ihrer Meinung nach haltlosen Vorwurf. Also selbst überprüfen! Diesmal übrigens schon wieder im Vorprogramm einer Legende: SNFU aus Kanada, geliebt für ihren melodischen Hardcore, hatten sich schon mal für drei Jahre aufgelöst, sind aber jetzt wieder in ziemlich originaler Besetzung auf Tour. Das hier ist zwar auch alte Schule, aber doch bei weitem weniger antiquiert als das Berliner Vorspiel.
Am 17.3., 20.30 Uhr, U-Club, Köpenicker Straße 48/49, Kreuzberg. Thomas Winkler
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