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Durchs DröhnlandUnd täglich schwitzt das Murmeltier

■ Die besten und schlechtesten, die wichtigsten und überflüssigsten Konzerte der kommenden Woche

Auch dies ist Hamburg. Mit den „Schmuddelkinder“-Bands Prollheads! Bronxs Boys und Witte schickt sich die Hansestadt der Abwechslung halber mal an, ein Markenzeichen für den „echdden deudschen hardrogg“ zu werden. Keine Rede von Cpt. Distelmeyer und den allwissenden Sternen, heute regiert die neue Hamburger Schule und greift volle Pulle aus dem proletarischen Leben. Das ist „direkt vonne Eckkneipe weg“, da wird aus dem Herzen keine Mördergrube gemacht, wird ausgesprochen, was wir alle schon immer wissen wollten: „Ohne Knete keine Fete“ oder „Ich hab' keine Alte, ich hab' auch keinen Frust, ich hab' nur einfach keine Lust“. Auch auf die definitive Heiligsprechung von Hasch, Rock, Pils und natürlich Fußball können sich alle einigen. Folglich preßten Prollhead! – unter der spirituellen Leitung des Bundesberti – termingerecht ihre eigene Version von Jack Whites Klassiker „Fußball ist unser Leben“ auf Vinyl, abgerundet durch ein schmetterndes „Er steht im Tor“ ihrer weiblichen Posse, den Prolettes.

Morgen, 21 Uhr, Huxley's jr., Hasenheide 110–114, Neukölln.

Einen kurzen Sommer lang konnten Das Auge Gottes als seltener ostdeutscher HipHop-Act (miß-)verstanden werden, denn ihre erste Maxi „So isses Baby“ vereinte deutsche Reimkünste mit einem schlicht-sparsamen Beat aus der Drumbox. Auf der Bühne belehrten uns die Schweriner aber schnell eines besseren: Mit „so richtigen“ Instrumenten erzeugten sie „so richtigen“ Live- Sound, während der Sprechgesang nur als ein Stilmittel unter vielen fungierte. Übelste Rockgniedeleien, noch üblere Funky Drums und als Sahnehäppchen ein paar Kirchenchoräle lassen beim Auge Gottes leicht an andere, sehr angesagte Crossover- Schweinereien denken, in diesem Fall noch umfriedet von bemühtem Kunstgewerbe.

Morgen, 22 Uhr, Knaack, Greifswalder Straße 224, Prenzlauer Berg.

Über den Fluß und in die Wälder instrumentiert die achtköpfige New Yorker Band Love Bug ihre Liedchen. Verschwenderisch gehen die mit allem um, was das klassisch' Herz begehrt: Flöten, Cellos, Hörner, Violinen, Oboen und was der Instrumente mehr sind. Heraus kommt dann eine Mischung aus Jethro Tull und den Kastrierten Philosophen, falls irgendwer weiß, was damit gemeint sein könnte. Mit dabei sind Dreamgrinder, die, nomen est omen, neurotischen God-Machine-Sound mit doofem Dark Wave kombinieren und auch schon Geschichten in Postillen wie Zillo und Subline hatten.

Am 12.6., 21 Uhr, Huxley's jr.

Leicht den Überblick kann man mittlerweile bei den Ärzten verlieren. Sind die schon wieder, immer noch, oder nur heute auf Tour, oder was? Zumindest spielen sie in dieser Woche auf ihrer Homebase Berlin an drei aufeinanderfolgenden Abenden, was der ärztlichen Hysterie sicherlich keinen Abbruch tut. Die Ärzte stehen für schnöden, harten Rock, der seine Punk-Vergangenheit nicht leugnen möchte. Frisch nach vorne geht's da halt, und erzählt werden die alltäglichen Geschichtchen über Sex und Liebe, die durchaus eine Mittelseite in Aufklärungsbroschüren für Heranwachsende in Rheinland-Pfalz verdient hätten. Angekurbelt von einer schlau-gigantischen Werbekampagne, erweisen sich die Ärzte aber auch als erwachsen gewordene, einseitige Wendeköpfe, die auch ganz sozialkämpferisch die großen Versteher und Küchenpsychologen vor dem Herrn sind: „Deine Gewalt ist nur ein stummer Schrei nach Liebe, deine Springerstiefel sehnen sich nach Zärtlichkeit, ... und deine Eltern hatten niemals Zeit für dich, Arschloch.“

Am 12., 13. und 14.6., 21 Uhr, Huxley's Neue Welt.

Das Schönste und Mysteriöseste an Rosebud ist natürlich der Name: Wer erinnert sich nicht an dieses Wortgetüm von Citizin Kane alias Randolph Hearst? Dessen Bedeutung dieser mit ins Grab nahm und Orson Welles als zuverlässigen Faden durch den Film spann, nur um jedes Mal aufs neue zu verunsichern und der Aufklärung zu widerstehen. Der Band Rosebud jedenfalls steht ein Mann namens Alex Conti vor, der in den Siebzigern bei den Krautrockern Lake die Gitarre bediente, nach Soloplatten und einem kleinen Ausflug zu Herwig Mitteregger 1987 seine eigene Band, eben Rosebud, gründete. Vielleicht weisen Vokabeln wie „kernig“, „ehrlich“, „handgemacht“ am ehesten die Richtung dieser Art von Rock 'n' Roll.

Am 15.6., 21 Uhr, Huxley's jr.

Und täglich schwitzt das Murmeltier. Die Spermbirds sind altgediente Recken, die jahraus, jahrein ihren Hardcore auf den Trümmern von Punk aufbauen und weder mit Vinylproduktion noch mit Livepräsenz geizen. Bei denen wird alles in den Sack geknüppelt, was steht und sich bewegt, einschließlich der dickflüssig thrombosierten Hirnbahnen. Die Musik ist das Medium und die Haltung, sie transportiert die Message, und der ganze Rest, besonders das undefinierbare Gegröle von Sänger Ken Haus, ist überflüssige, aber scheinbar unverzichtbare Beigabe. Davon abgesehen, ist man aber nach jeder Prise Spermbirds geläutert und voller frischer Gedanken!

Am 15.6., 21 Uhr, K.O.B., Potsdamer Straße 157, Schöneberg.

Bei John Trudell müssen die traditionellen rootsigen Elemente hinter einer allgemeinverträglichen, musikalischen Ausdrucksweise zurückstehen, sie sind die zugkräftigen, exotischen Tupfer, für das sich gern multikulturell gerierende Publikum mit dem schlechten Gewissen. Dabei hat John Trudell mehr von Lou Reed als von Keith Secola, und seine Songs sind flüssig, leicht und ohne allzu viele Kanten. Diese spart er sich für seine Lyrics auf, in denen er „am laufenden Band Wortgemälde versprüht, die eindringlich zeigen, wie schmal der Grat zwischen Leben und Existenz mittlerweile geworden ist“, wie die FAZ mal wortklingelte.

Am 16.6., 21 Uhr, Knaack. Gerrit Bartels

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