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Archiv-Artikel

Druck im Kessel

Mai-Feier im SPD-Zelt und die Folgen: Gestern musste sich ein 31-Jähriger wegen Körperverletzung verantworten

Von hey

taz ■ „Wir waren letztes Jahr am 1. Mai mit sechs Kollegen eingesetzt“, so erinnerte sich ein Streifenpolizist gestern vor Gericht, „um Pöbeleien und Rangeleien zu verhindern“. Als sie aber nachts um kurz vor Eins ins immer noch rumsvolle SPD-Zelt am Osterdeich gerufen wurden, war das meiste schon gelaufen.

Thorsten S., damals 30 Jahre alt, war ohne Rücksicht auf die Tanzenden quer durchs Zelt gewankt und hatte sich bereits, so ein Zeuge, mit mehreren Leuten angelegt. Schließlich kam es zu einem Handgemenge, bei dem S. einem der Beteiligten einen Kopfstoß ins Gesicht erteilte. Vier Männer hatten später Mühe, den randalierenden jungen Mann am Boden zu halten. Mit einem zerbrochenen Bierglas soll er dort den Ordner Matthias H. an der Hand verletzt haben. Die Polizei legte ihm schließlich Plastikfesseln an. Was die Verletzung am Finger angeht, so schloss das Gericht einen Vorsatz des Angeklagten aus. Die Kopfnuss hingegen ginge voll auf seine Kappe – auch wenn er qua Alkoholmissbrauch im deutlich verringerten Maße schuldfähig sei, wie seine Anwältin wiederholt betonte. Die wichtigste Zahl in dem Prozess, der für den Elektrotechnik-Studenten mit einer Geldstrafe endete war sicherlich diese: 2,27 Promille hatte er im Blut – seine eigene Erinnerung ist entsprechend nebulös.

Thorsten S., ein adretter junger Mann, hat im Vorfeld der Verhandlung und auch beim gestrigen Gerichtstag die Verantwortung für diesen ‚anderen‘, unzugänglichen und aggressiven Thorsten S. übernommen. Ohne zu feilschen hat er dem Security-Mann Schmerzensgeld und Anwaltskosten erstattet. Einem weiteren Zeugen versprach er gestern, die im Getümmel zu Bruch gegangene Brille zu ersetzen. „Ich weiß zwar nicht, ob ich sie zerstört habe, aber ohne mich wäre es ja nie dazu gekommen.“

Auch andere Konsequenzen hat er bereits gezogen: Nach zehn Jahren traditioneller Mai-Feierei war Thorsten S. in diesem Jahr zum ersten Mal nicht im SPD-Zelt. Er wolle, so sagt er reuig, „in Zukunft mit dem Alkoholgenuss vorsichtiger sein“. hey