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Drogen-betr.: "Bonner Aufrüstung im Drogenkrieg", "Im Drogenkrieg nichts Neues", taz vom 12.1.90

betr.: „Bonner Aufrüstung im Drogenkrieg“, „Im Drogenkrieg nichts Neues“, taz vom 12.1.90

(...) Bei uns stehen in diesem Jahr Bundestagswahlen an, und unser „großer Bruder“ (die USA) hat im Rahmen seiner Weltpolizistenrolle einen selbstlosen und edlen Kreuzzug gegen alles Böse und besonders gegen Drogen ausgerufen. Also gilt es auch hier mal wieder, Flagge zu zeigen. Außerdem kann man mit dieser „neuen“ Initiative auch so schön von der allgemeinen drogenpolitischen Hilf- und Ratlosigkeit sowie überhaupt dem ganzen Unsinn ablenken die bisher für bundesdeutsche „Drogenpolitik“ stehen.

Alles in allem wird sich auch durch die „neue“ Drogeninitiative nichts ändern. Die Repressionen gegen die kleinen EndverbraucherInnen werden weiter zunehmen, die Gefängnisse etwas voller werden, die Zahl der KonsumentInnen wird nicht geringer. Allerdings sollte man in diesem Zusammenhang einigen Faktoren und Regulatoren unserer real -existierenden „freien“ Marktwirtschaft Beachtung schenken: Angebot, Nachfrage sowie die Preisentwicklung.

Während sich beispielsweise die Heroinpreise in den vergangenen Monaten auf einem relativ stabilen Niveau eingependelt haben, wird die „neue“ Drogeninitiative wahrscheinlich zu einer Preissteigerung führen. Weil aber trotz größerer Repressionen der KonsumentInnenkreis größer wird - auch die Alkoholprohibition war in den USA letztlich erfolglos und mußte der Legalisierung weichen -, werden vor allem die Begleit- und Beschaffungskriminalität ansteigen.

Für die internationalen Drogenkartelle bedeuten höhere Preise aber auch letztlich noch größere Gewinne. (...)

Rolf M., Berlin

Es gibt keine Alternative zur Freigabe der illegalen Drogen. Das werden am Ende auch unsere PolitikerInnen begreifen. Schäubles Aufrüstung im Kampf gegen die Drogenkriminalität führt allenfalls dazu, daß sich der eine oder andere Drogenboß totlacht. (...) Wahrscheinlicher ist, daß immer mehr Drogen auf dem Markt landen, daß es mehr Süchtige geben wird, daß mehr Menschen an der Droge sterben.

Süchtige produzieren zwangsläufig Süchtige, sie produzieren Beschaffungskriminalität, sie gehen der Prostitution nach. Sie tun dies nicht, weil sie süchtig sind. Die Notwendigkeit dieses Tuns ergibt sich aus der Illegalität des Stoffes und des damit verbundenen Preises. Die Illegalität der Droge schafft wesentlich größere Übel als die Droge selbst. (...)

Bleibt die Droge illegal, so bleiben Milliardengewinn und Machtzuwachs, es bleibt das Interesse, Sucht zu schaffen, es bleibt Beschaffungskriminalität, Prostitution, soziales Elend, Fatalismus und Überdosen.

(...) Solange Droge und Milliardengewinn eines sind, wird es den Drogenmarkt geben. Daß dies ausgerechnet VerfechterInnen der freien Marktwirtschaft und des Kapitalismus nicht einleuchtet, muß mehr als verwundern. Es geht hier nicht um drogengefüllte Regale in Supermärkten, schon gar nicht um die Verharmlosung gar Verherrlichung harter Drogen. Es geht darum, daß jede/r Süchtige, der/die nicht die Kraft aufbringt, seine/ihre Sucht zu bewältigen, auch nicht mit Hilfe von Therapien den Stoff bekommt, den er/sie benötigt.

Parallel hierzu muß aufgeklärt werden, parallel hierzu muß die Zahl der Therapieplätze erweitert werden, vor allem muß auch über neue Therapieformen nachgedacht werden. (...)

Arthur B., Asperg

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