Dortmunds Scheitern im Europapokal: Sie wollten doch nur spielen
BVB-Trainer Jürgen Klopp wehrt sich nach dem Ausscheiden aus Eliteliga heftig gegen den Vorwurf mangelnder internationaler Erfahrung. Aber genau das scheint der Grund zu sein.
DORTMUND taz | Eingewickelt in einen riesigen schwarzen Schal, humpelte Mario Götze am späten Dienstagabend aus dem Stadion, sein Mantel hing irgendwie schräg an seinem Körper, der hochbegabte Fußballer wirkte noch ein Stück kleiner als sonst. Götze, der Teenager, der in dieser gesamten Champions-League-Saison ein Fremdkörper geblieben war.
"Es spricht für deren Qualität, wenn die vier Torschüsse haben und drei Tore machen", sagte Götze staunend, nachdem sein BVB auch das finale Vorrundenspiel in der Champions League mit 2:3 verloren hatte und damit aus allen europäischen Wettbewerben ausgeschieden ist. Götze hat in den sechs Partien dieser Gruppenphase sicher ein Dutzend Mal aufs Tor geschossen, getroffen hat er gar nicht.
In dieser Liga der Superstars, wo oft außergewöhnliche Einzelaktionen Spiele entscheiden, mangelt es Götze an Effizienz. Der 19-Jährige hat auch an diesem Abend seine beiden Tormöglichkeiten ungenutzt gelassen.
Der BVB hätte ja mit vier Toren Vorsprung gewinnen müssen, und hätte Götze seine Großchance nach gut 40 Minuten zum 3:0 verwertet, wäre das Wunder plötzlich ganz nah gewesen. Stattdessen traf Loïc Rémy in der Nachspielzeit der ersten Halbzeit zum 2:1. Am Ende bezeichnete Trainer Jürgen Klopp den Abend als "Spiegelbild unserer ganzen Champions League-Saison".
Ein Schuss, ein Tor
Es hatte gute Ansätze gegeben, aber wieder einmal litten die Dortmunder unter ihrem Verletzungspech. Vor dem Elfmeter hatte Sebastian Kehl einen gegnerischen Fuß ins Gesicht bekommen, der Kapitän musste ausgetauscht werden, immerhin scheint kein Knochen gebrochen zu sein. Und das Anschlusstor habe die Dortmunder dann endgültig "aus der Bahn geworfen", meinte Götze.
Es war der erste Torschuss der Franzosen, Effizienz war die einzige Kategorie, in der Marseille dem BVB eindeutig überlegen war. Und genau das war entscheidend, nicht nur in dieser Partie. Coach Klopp wehrte sich heftig gegen die weit verbreitete These, dass die Hauptursache des Misserfolges der Mangel an Erfahrung in internationalen Wettbewerben sei.
"Viele unserer Fehler wären auch in der Bundesliga bestraft worden, aber da haben wir sie einfach nicht gemacht", sagte der Trainer. Den naiven Gesamteindruck, den der Deutsche Meister in dieser Konkurrenz hinterließ, konnte Klopp aber nicht entkräften. Natürlich sind Reife und Erfahrung Faktoren, und die Dortmunder haben sich in vielen Situationen eindeutig zu arglos angestellt.
Anders als in der Bundesliga kann es in der Königsklasse beispielsweise viel wert sein, auswärts nur knapp zu verlieren. Hätte der BVB in Piräus und in Marseille jeweils ein Tor weniger kassiert, wäre die Ausgangslage vor diesem letzten Spieltag erheblich günstiger gewesen.
"Wir kommen wieder"
Zwölf Gegentore haben die Dortmunder insgesamt zugelassen, in den 15 Bundesligaspielen dieser Saison hat die Defensive hingegen nur zehn Treffer kassiert. Auch der Siegtreffer Marseilles wäre mit ein bisschen mehr Engagement in der Defensive zu verhindern gewesen.
Dass der Meister eigentlich nur im Spiel in Piräus die schlechtere Mannschaft war, ist da nur ein schwacher Trost. Selten war so deutlich zu sehen, dass die Champions League eben doch ganz anders funktioniert als andere Wettbewerbe.
Sportdirektor Michael Zorc sprach dann auch von "viel Lehrgeld", das die Mannschaft gezahlt habe, während Klopp ankündigte: "Wir kommen wieder." Das kann gut sein, und dann werden die Dortmunder wahrscheinlich nicht mehr die Neulinge sein, deren Spiel zwar gut ausschaut, denen die geheimen Erfolgsrezepte dieses Wettbewerbs aber noch verborgen sind.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
„Edgy sein“ im Wahlkampf
Wenn eine Wahl als Tanz am Abgrund verkauft wird
Denkwürdige Sicherheitskonferenz
Europa braucht jetzt Alternativen zu den USA
Überraschung bei U18-Wahl
Die Linke ist stärkste Kraft
RTL Quadrell
Klimakrise? War da was?
Absturz der Kryptowährung $LIBRA
Argentiniens Präsident Milei lässt Kryptowährung crashen
Ukraine-Verhandlungen in Saudi-Arabien
Wege und Irrwege aus München