Dortmund siegt gegen Leverkusen: „Ein brettstarkes Spiel“
Die Dortmunder wollen sich ihren 3:0-Erfolg gegen Leverkusen nicht schlechtreden lassen. Auch international soll es bald besser laufen.
Rudi Völler war geradezu dankbar für die Vorlage, die ein Reporter ihm nach dem 3:0-Erfolg von Borussia Dortmund gegen Bayer Leverkusen lieferte. Mühsam hatte der Sportdirektor des Werksklubs Contenance bewahrt, als er die Leistung seiner Mannschaft analysieren sollte.
Seine Stimme war sanft geblieben, als er den seit Jahren wieder und wieder erhobenen Vorwurf an sein Team wiederholte: „Die letzte Aggressivität hat ein bisschen gefehlt. Wenn man gegen so eine Mannschaft wie Borussia Dortmund nur mit fußballerischer Eleganz bestehen will, dann reicht das nicht“, flüsterte er, und die Zuhörer spürten, wie viel Mühe es ihn kostete, seine Wut zu kontrollieren.
Als dann einer der Berichterstatter den Fernsehreporter Marcel Reif zitierte, der den Leverkusenern vorgeworfen hatte, noch nicht einmal in der Lage zu sein, den Ball ins Aus zu spielen, wenn ein eigener verletzter Spieler auf dem Boden liegt, da brach der Zorn des Sportdirektors doch hervor.
„Was der Marcel Reif sagt, das geht mir so was von am Arsch vorbei, das können Sie ruhig so schreiben“, zürnte Völler und schob hinterher: „der Klugscheißer“. Völler war offenkundig froh, ein Opfer für seinen Groll gefunden zu haben, ohne dass er die lethargische Mannschaft beschimpfen musste.
Reif und Völler waren einer Meinung
Dabei waren Reif und Völler im Grunde einer Meinung: Bayer war mit einer erschreckenden Leblosigkeit zu Werke gegangen, auch Trainer Sascha Lewandowski bestätigte das, als er sagte: „Wir waren von der ersten Minute an viel zu passiv.“
Nur Jürgen Klopp betrachtete die Sache aus einer etwas anderen Perspektive. „Ich glaube, es war heute einfach schwer, unserem Spiel standzuhalten“, meinte der Dortmunder Trainer, das sei der wahre Grund für die Leverkusener Chancenlosigkeit gewesen.
Klopp wollte sich diesen brillanten Nachmittag seiner Mannschaft nicht durch allzu viel Gerede vom indisponierten Gegner beschädigen lassen. „Wir haben heute einfach ein brettstarkes Spiel gemacht und waren gegen den Ball so griffig wie noch gar nicht in dieser Saison“, meinte er.
Es gab zahllose Dortmunder Chancen, Innenverteidiger Mats Hummels traf per Kopf zum 1:0 (29. Minute), Jakub Blaszczykowski vollendete einen brillanten Konter zum 2:0 (39.), die Partie war früh entschieden.
Schonen für die Champions League
In der zweiten Hälfte konnten die Dortmunder sich getrost für ihr Champions-League-Spiel am Dienstag schonen, während das Publikum Zeit hatte, ein paar Fragen zu diskutieren, die die erste Hälfte aufgeworfen hatte.
Es war nämlich die erste Halbzeit in dieser Saison gewesen, in der Marco Reus nicht mitspielte, und Klopp sollte später über diese ersten 45 Minuten sagen: „Das ist genau der Fußball, den wir spielen wollen und müssen.“
Ist das Zufall? Auf der Position des Neuzugangs aus Mönchengladbach, der nach seiner Einwechslung in der 60. Minute einige gute Szenen hatte, stand erstmals in dieser Saison Mario Götze im Offensivzentrum.
Beide haben gut gespielt, betrachtet man die Nationalspieler isoliert, fällt es wirklich schwer zu sagen, welcher der beiden eher in die Startelf gehört. Dieser Nachmittag lieferte aber Indizien dafür, dass der spezielle Dortmunder Stil besser funktioniert, wenn Götze auf dem Rasen steht.
Standartfloskel aller Bankdrücker
Reus hatte das natürlich auch gesehen. „Jeder will spielen, aber wir haben viele englische Wochen, und da wird jeder gebracht“, bemühte er die Standardfloskel aller Bankdrücker. Immerhin hatte er Robert Lewandowskis 3:0 vorbereitet (78.), aber die spannende Frage, wer am Dienstag gegen Ajax Amsterdam in der offensiven Dreierreihe im Mittelfeld spielen wird, bleibt vorerst unbeantwortet.
Offensichtlich ist nur, dass die Mannschaft sich wieder richtig wohlfühlt. Auf dieser Basis hofft man nun noch auf einen Reifeprozess auf internationaler Ebene: „Wir werden in der Champions League nicht mehr so naiv versuchen, den Gegner zu beherrschen, sondern genauso spielen wie heute in der ersten Halbzeit“, sagte Ilkay Gündogan.
Es ist den Dortmundern ja ein wichtiges Anliegen, den bösen Verdacht aus der Welt zu schaffen, irgendwie ungeeignet zu sein für die Herausforderungen des internationalen Fußballs. Marcel Schmelzer, der im Länderspiel vorige Woche ziemlich überfordert gewesen war, hatte gegen Leverkusen wieder einmal großartig gespielt, und seine Kritiker strafte er nach dem Spiel mit Ignoranz.
Er wollte nichts sagen. Die Schwierigkeiten bei der Anpassung ans internationale Niveau nagen sichtlich an den Dortmundern. Aber sie scheinen bestens präpariert zu sein, um diese Zweifel endlich aus der Welt zu schaffen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israel, Nan Goldin und die Linke
Politische Spiritualität?
Matheleistungen an Grundschulen
Ein Viertel kann nicht richtig rechnen
Innenminister zur Migrationspolitik
Härter, immer härter
Nikotinbeutel Snus
Wie ein Pflaster – aber mit Style
Börsen-Rekordhoch
Der DAX ist nicht alles
Prozess gegen Letzte Generation
Wie die Hoffnung auf Klimaschutz stirbt