■ Dokumentation: Aufruf an die UN:
Das Ultimatum für Sarajevo war der erste Schritt: Jetzt müssen im ganzen Gebiet des früheren Jugoslawien Angriffe unmöglich gemacht werden.
Das Morden muß nicht nur in Sarajevo, sondern in ganz Bosnien und im gesamten früheren Jugoslawien aufhören. Auch nach dem Erfolg des Ultimatums für Sarajevo und den Vereinbarungen zwischen Kroatien und Bosnien-Herzegowina sind in Bosnien immer noch Hunderttausende in höchster Gefahr, umgebracht zu werden. Man läßt sie verhungern und erfrieren. Viele werden erschossen. Über vier Millionen Menschen befinden sich immer noch auf der Flucht. Durch das Waffenembargo haben EU und UN es unmöglich gemacht, daß die Bürger Bosniens sich gegen Angriffe selbst effektiv verteidigen können. Dadurch haben unsere Regierungen und damit auch wir – als Staatsbürger von Demokratien – die Verantwortung für den notwendigen Schutz aller bedrohten Menschen Bosniens übernommen. Trotzdem taten wir zu lange nichts gegen das Morden. Wir haben nichts getan gegen jene Verbrechen, die sich auf eine „ethnische Säuberung“ berufen und damit mörderische Ideen von Hitler und seinen Vorläufern erneuern. Wir fordern die Regierungen auf, unseren Verpflichtungen sofort nachzukommen. Wir verlangen, daß im gesamten Krisengebiet des früheren Jugoslawien die Sanktionen dahin verschärft werden, daß alle Angriffsmittel vernichtet bzw. der UN übergeben werden müssen. Wird diese Forderung innerhalb eines auf wenige Tage befristeten Ultimatums nicht erfüllt, müssen durch Luftangriffe die Angriffsmittel – unter möglichster Schonung von Menschenleben – zerstört werden. Zu den Angriffsmitteln gehören: Artilleriestellungen, Waffen- und Munitionslager, militärisch genutzte Flughäfen, Militärflugzeuge, Kampffahrzeuge und die Hauptnachschubwege.
Die Beseitigung der Angriffsfähigkeit im früheren Jugoslawien ist notwendig, um die jetzt bedrohten Menschen aus der unmittelbaren Lebensgefahr zu befreien. Darüber hinaus ist sie die erste Voraussetzung, damit auf dem Verhandlungsweg die Rückkehr der vertriebenen Menschen in ihre Heimatorte erreicht werden kann. Nur wenn den Aggressoren im ganzen früheren Jugoslawien die Möglichkeit genommen wird, anzugreifen, können weitere Massaker und erneute Vertreibungen verhindert und schließlich demokratisch-rechtsstaatliche Verhältnisse hergestellt werden.
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