Dokumentation zur Prinzhorn-Sammlung: Blauer Montag
■ Aus einem Farbenrezeptbuch um 1900
Na, dat weiß doch ein jeder. Ich weiß aber ein detarlliertes ... Recept für das Blau machen ... brauche aber mindestens 15-20 Mk dazu. Schick sie nur ein, und dann mache ich so viel blaue Farbe, daß es einen ganzen Montag reicht. Wenn du mir dabei helfen willst, brauchen wir das Doppelte.
Detarlliert. Morgens solange man noch im Bette liegt, besinnt man sich, mach ich heute blau und mach ich heute nicht blau. Natürlich mache ich blau. Dann greift man nach dem Topf, in welchem man das Blau machen will. Dann geht man in einen Laden, kauft sich Kieler Sprotten, einen holländischen Bückling, ein Stück Camenbert, eine Flasche Südwein, geht, ehe man zu Hause Kaffee trinkt, in ein Restaurant und trinkt dort einen zum Vergleich. Dann stellt man zu Hause eben so einen guten ... usw., dann ad libitum bis das Geld alle ist. Dann geht man in eine Gegend, in welcher (ein) Hügel, eine Waldwiese sowie ein Fluß ist, zieht sich die Stiebels aus, dann die Socken (nicht umgekehrt), wickelt dieselbe in den Rock und beginnt zu verdauen. Während dem tut man gar nichts, wobei das schönste Blau erzielt wird. Nachher raucht man eine Cigarre, eine Pfeife oder 2, muß aber gut sein. Dann ad libitum den Rest des Tages, bis das Geld noch mehr alle ist. Item von einer oder zwei Cigarren oder einem oder 2 blauen Montagen gehst du auch noch nicht bankrott.
Adalbert Frickenhaus
Der Text ist dem soeben im Donat-Verlag erschienenen Band „Die Macht der hypnotischen Suggestion“, Hg. Achim Tischer, entnommen.
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