Doku-Zentrum ohne Geld: Café mit Gedenkstätte
Eine Geschichtswerkstatt möchte ein Dokumentationszentrum im Wilhelmsburger Bunker einrichten. Doch es fehlt das Geld für die Betriebskosten.
Wer sich über die Köhlbrandbrücke dem Hamburger Stadtteil Wilhelmsburg nähert, erblickt ihn sofort: den Flakbunker aus dem Zweiten Weltkrieg. Zurzeit lässt die Internationale Bauausstellung (IBA) ihn zu einer einzigartigen Produktionsstätte für erneuerbare Energien umbauen. Geplant ist auch ein integriertes Dokumentationszentrum zur Geschichte des Bunkers. Das droht jetzt an der fehlenden Finanzierung zu scheitern. Über mehrere Jahre arbeitete die Geschichtswerkstatt Wilhelmsburg und Hafen an der Konzeption.
„Die Finanzierung der laufenden Betriebskosten, etwa 100.000 Euro im Jahr ab 2014, können wir bei der aktuellen Haushaltslage nicht leisten“, heißt es aus der für Gedenkstätten zuständigen Kulturbehörde. Priorität habe zurzeit die Errichtung eines Erinnerungsortes am Lohseplatz in der Hafencity, einem zentralen Deportationsplatz während der NS-Zeit. Obwohl die Planungen der von der Stadt eingesetzten IBA zum Umbau des Bunkers bereits seit Jahren laufen, weist die Kulturbehörde darauf hin, dass man erst im Frühjahr 2011 über die Pläne informiert worden sei.
Finanziert hat die IBA Veranstaltungs- und Projektkosten zum Thema Bunker. Sie übernimmt jedoch keine dauerhaften Kosten nach dem Ausstellungsjahr 2013. Auch Gespräche über die Finanzierung mit anderen Institutionen wie der Stiftung Historische Museen Hamburg oder dem Hamburger Institut für Sozialforschung verliefen ergebnislos. Bei der IBA denkt man nun an eine Freiluftausstellung, die vom künftigen Betreiber eines Cafés beim Bunker mitbetreut werden soll.
Margret Markert, Leiterin der Geschichtswerkstatt, hält von der Idee gar nichts. Ihr geht es darum, die fachliche Betreuung des Dokumentationszentrums zu gewährleisten, um den Erinnerungsort lebendig zu halten. Weder sie selbst noch die KZ-Gedenkstätte Neuengamme, die die Arbeit zum Konzept der Geschichtswerkstatt unterstützt hat, hätten die personellen Kapazitäten, diese Aufgabe zu schultern, so Markert. „Wir brauchen jemanden, der den Ort betreut, Gruppen begleitet und Sonderveranstaltungen entwickelt“, sagt sie. Zeitgemäße Erinnerungsarbeit zur NS-Zeit sei mehr als bloßes Durchschleusen von Gruppen. Markert und ihre Kollegin Barbara Günther haben in den vergangenen Jahren beispielsweise mit Wilhelmsburger Schülern an Projekten zur Bunkerhistorie gearbeitet.
Doch braucht es überhaupt eine weitere Gedenkstätte zur NS-Zeit? Obwohl Denkmalschützer den Hochbunker als historisch bedeutsames bauliches Dokument des Dritten Reiches und Mahnmal gegen Krieg und Faschismus ansehen, steht er nämlich nicht unter Denkmalschutz. Lange war nicht bekannt, wer den Bunker gebaut hat. Erst die jüngere Forschung, etwa von Friederike Littmann zur „Zwangsarbeit in der Hamburger Kriegswirtschaft“ und eigene Recherchen der Geschichtswerkstatt brachten zu Tage, dass französische, belgische und dänische Zwangsarbeiter den Bunker errichteten. Markert verweist auch auf den Standort des Bunkers in unmittelbarer Nähe zu großen Industrieunternehmen und dem Hamburger Hafen. Wie an kaum einem anderen Ort zeigten sich dort die Zusammenhänge von Zwangsarbeit und Kriegswirtschaft, Industrie und Hafen.
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