Dienstwagen des Berliner Senats: Viel Diesel, wenig Klarheit
Der Senat weiß nicht, ob sein Fuhrpark vom VW-Skandal betroffen ist – weil er es nicht überprüft, kritisieren die Grünen.
Schon seit Jahren betonen Mobilitätsforscher unisono, dass immer weniger Menschen auf schicke Autos abfahren. Dies gilt als einer der Gründe, warum sich im progressiven Berlin vergleichsweise wenig Menschen einen motorisierten Untersatz gönnen: nur etwa jeder Dritte besitzt ein Auto. Umso genauer wird hingeschaut, wenn die SenatorInnen und ihre StaatssekretärInnen neue Dienstwagen bekommen. Das passiert in der Regel einmal im Jahr: Die Fahrzeuge werden für diesen Zeitraum geleast. Und die Anfrage der Opposition, wie umweltfreundlich der Fuhrpark des Landes ist, kommt so sicher wie der Werkstatttermin für VW-Dieselfahrzeuge.
Am Mittwoch veröffentlichte die Senatsverwaltung für Umwelt ihre Antwort auf die Fragen der grünen Abgeordneten Silke Gebel. Aus dem Zahlengewimmel lassen sich einige interessante Details erfahren. Etwa, dass Berlins Exekutive Autos aus Bayern liebt. Die allermeisten SenatorInnen und deren Chefpersonal lassen sich in einem BMW (München) oder Audi (Ingolstadt) transportieren.
Die – flott gesagt – sauberste Senatorin ist dabei ausgerechnet CDU-Mitglied Cornelia Yzer, die sich um Wirtschaft kümmert. Ihr Hybrid-Mercedes verbraucht 3,8 Liter auf 100 Kilometer. Überhaupt sind die Verbrauchswerte nicht so schlecht: Fast alle Dienstwagen des Senats schlucken weniger als fünf Liter; eine Ausnahme ist der Regierende Bürgermeister, der einen sicherheitsverstärkten, wohl recht schweren Audi, fährt.
Kein einziges Elektroauto
Die Grünen-Abgeordnete Gebel ist dennoch nicht von der Bilanz überzeugt. Mehrere Fahrzeuge erfüllen statt der Euro-Norm 6 nur die Stufe 5. „Der Senat hält sich nicht an die von ihm selbst aufgestellten Regeln“, kritisiert Gebel – er unterlaufe das im Koalitionsvertrag formulierte Ziel eines „umweltfreundlichen Fuhrparks“. Dies sei besonders schwerwiegend, weil in Berlin die Belastung durch Stickoxide hoch sei und Autos mit der Euronorm 5 in dieser Hinsicht echte Dreckschleudern sind. Auch darf kein einziges Elektroauto eine Senatorin oder einen Staatssekretär kutschieren, obwohl das Land sich als Vorbild in Sachen Elektromobilität präsentiere, so Gebel.
Und dann ist da die Sache mit den abgasmanipulierten Volkswagendiesel. Die wurden auch bei Audi eingesetzt. Die Bezeichnungen von rund einem Viertel der Senatsfahrzeuge weise laut Gebel darauf hin, dass sie von dem VW-Betrug betroffen sein könnten. Doch der Senat tue nichts, um dies zu überprüfen – auch das sei ein wenig vorbildhaftes Verhalten, findet die Grüne.
In der Antwort der Umweltverwaltung heißt es, dass „keine ausreichenden Informationen vorliegen, um festzustellen, ob Fahrzeuge des Berliner Fuhrparks“ von der Manipulation betroffen sind. Sprecherin Petra Rohland erklärt, dass für die Überprüfung jede Senatsverwaltung selbst zuständig sei. Ihre Verwaltung immerhin wird nicht in die Bredouille kommen: Dort fahren die Chefs nur BMW oder Daimler.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Deutsche Konjunkturflaute
Schwarze Nullkommanull
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten
Schäden durch Böller
Versicherer rechnen mit 1.000 Pkw-Bränden zum Jahreswechsel
Ende der scheinheiligen Zeit
Hilfe, es weihnachtete zu sehr
Grünen-Abgeordneter über seinen Rückzug
„Jede Lockerheit ist verloren, und das ist ein Problem“