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Archiv-Artikel

■ Die taz will ihre Regionalteile „reformieren“. Stimmen betroffener Leserinnen und Leser So was brauchen wir nicht

betr.: „Regionalteile reformieren und sichern“, taz vom 3. 9. 05

Mit ungläubigen Augen las ich, dass die taz überlegt, die Redaktionen in Hamburg und Bremen zu schließen. Wie vereinbaren sich denn solche Planungen mit einer vor kurzem durchgeführten Kampagne zur Rettung der Medienvielfalt in Deutschland? Habt ihr wirklich vor, in Hamburg die Presse dem Springer-Konzern und einer Nachahmerin, der Morgenpost, zu überlassen?

Ohne die taz hamburg würde es keine Berichte zu den vielfältigen Gemeinheiten dieses Senats mehr geben. Abschiebungen, Schulmisere, Polizeiübergriffe, Stadtentwicklungspolitik, Neonazis und vieles mehr. Wir müssen uns dann ernsthaft überlegen, uns eine Alternative zur Berichterstattung einfallen zu lassen. Was, bitte, sollen eure Anstrengungen mit einer taz Entwicklungs Gesellschaft sein? Plattmachen der regionalen, sehr nötigen Berichterstattung zugunsten einer merkwürdigen taz zwei? Ihr müsst euch mal entscheiden: Anzeigen für Exxon oder zurück zu Zielen, die mal zur Gründung der taz geführt haben. RAINER ZWANZLEITNER, Hamburg

Es war schon schrecklich, als wir Bremer begannen, die taz nord zu bekommen – viel weniger Lokales aus unserem schönen Bremen, allerdings trotzdem eine tolle Ausgabe. Und nun die Aussicht, völlig auf den Lokalteil verzichten zu müssen! Jeden Morgen geht der Blick erst in die taz nord, und das seit Jahren, sogar die Kinder lesen erst danach den Sportteil. Als Bremer Bürgerin brauche ich die Informationen jenseits der Großen-Koalition-Weser-Kurier-Berichterstattung, und als grüne Stadtteilpolitikerin brauche ich den Lokalteil erst recht. KIRSTEN KAPPERT-GONTHER, Bremen

Wir haben die taz seit Jahren abonniert, ebenfalls das Literaturhaus e. V. – und wir möchten uns unbedingt dem Aufruf anschließen „Kein Hamburg ohne taz!“ Da man in Hamburg der von Springer dominierten Presse besonders ausgeliefert ist, ist es dringend nötig, die taz nord, die ja bereits eine Reduzierung des Hamburg-Teils darstellte, zu erhalten. HEIDEMARIE OTT, Literaturzentrum Hamburg

Es ist doch reine Augenwischerei, wenn hier von einem „Regionalteil“ Nord gefaselt wird. Dass so etwas nicht funktioniert, zeigt sich in NRW. Wenn hier ab und zu Nachrichten mit lokalem Bezug abgedruckt werden, ohne dass eine breite und verlässliche Berichterstattung besteht, ist das eben kein Lokalteil. Dann können Sie das „Nord“ gleich aufgeben und diese Artikel unter Inland drucken. Aber damit ist die taz in Bremen keine komplette Zeitung mehr. Und so was brauchen wir nicht. JULIANE und RAINER FILSER, Bremen

„Der Vorstand der taz hat beschlossen“, die Regionalteile Hamburg und Bremen zu schließen. Sie sprechen von „Betriebsstätten“ anstatt von Lokalredaktionen. Dort werde „nicht genug Deckungsbeitrag erwirtschaftet“, das komme vom „stagnierenden Anzeigengeschäft“.

Die taz zeigt sich in deutlich kapitalistischer Manier. Die „breite Basis“ ist nicht mehr die Leserschaft, sondern soll eine „einheitliche Nordausgabe“ der taz sein mit den „spannendsten Geschichten des Nordens“. Und Sie glauben, dass sich dadurch die Abo-Zahlen erhöhen werden? Ich sehe die breite Basis der taz nach wie vor in ihren Lesern und Abonnenten. Für die spannendsten Geschichten des Nordens gebe ich das Geld nicht aus. CÄCILIA MARUHN, Süstedt

Ganz klar: Ich brauche eine Tageszeitung mit Lokalteil. Schon bei der Umstellung von taz bremen zu taz nord bremen habe ich schwer geschluckt und das erste Mal im Stillen ernsthaft darüber nachgedacht, mein Abo zu kündigen. Sollte der lokale Aspekt noch mehr zusammenschrumpfen, brauche ich auch kein Abo mehr, dann reicht eine vereinzelte taz vom Kiosk an Wochenenden, an denen mal etwas mehr Zeit bleibt. Mein Wunsch: Lokalteil stärken und auch hier auf Qualität setzen. SILKE SEYBOLD, Bremen

Die heutige taz intern war ein aufschlussreicher Bericht über die Situation der Regionalteile. Selbstverständlich erfüllen diese in der eintönigen Presselandschaft von NRW oder Hamburg eine wichtige Funktion, aber die finanziellen Rahmenbedingungen sind nun mal ein unabweisbarer Fakt. Wichtig erscheint mir aber auch dies: Es gibt Leser wie mich, die der taz trotz des Regionalteils „Hamburg“ die Treue halten. taz hamburg ist schauderhaft, langweilig, völlig berechenbar und ideologisch stur in den Achtzigerjahren kleben geblieben. Für mich war schon die jetzige taz nord eine echte Bereicherung, gerade als Bewohner der Hamburger Peripherie. Ich erwarte also vor allem inhaltlich viel von den geplanten Verbesserungen. Selbstverständlich müssen alle sozialen Rechte der Hamburger Mitarbeiter gewahrt werden. PETER ENDERLEIN, Geesthacht

Mit Erschrecken habe ich von Ihren Plänen erfahren, die Lokalausgaben einzustellen bzw. bis zur Unkenntlichkeit abzuspecken. Ich halte die regionale Berichterstattung in der taz für ein großes Plus und eine wichtige Ergänzung der Zeitung. Für die ärztliche Pressestelle Niedersachsen ist sie ein Hauptgrund dafür, die taz zu abonnieren.

SOLVEIG VOGEL, Hannover

Einigermaßen entsetzt habe ich eurer Samstagsausgabe entnehmen können, dass die Bremer und Hamburger Lokalredaktionen von der Schließung bedroht sind. Nicht alleine das Was, besonders das Wie macht sprachlos. Jetzt arbeiten bei der taz nicht automatisch „die Guten“, aber man doch gedacht, dass bei euch manches anders läuft.

Schlimm genug, dass der Aufbau neuer Lokalredaktionen (Ruhrgebiet, Köln) sich so schwierig gestaltet, aber wo liegt der Sinn, gut funktionierende und wichtige (sowohl für Hamburg als auch für Bremen als Gegengewichte zur üblichen Tagespresse) Redaktionen platt zu machen? Klar, liegt am Geld, wissen wir selbst am besten, sonst würden wir längst Abos verschenken oder wären bereits Genossen. Vielleicht lässt sich im Bereich Anzeigenkunden doch noch was machen. In Bezug auf BP etc. habt ihr ja auch schon Berührungsängste abgebaut. SUSANNE BÜTTNER, FRANK KIRCHNER, Bremen

Die Redaktion behält sich Abdruck und Kürzen von LeserInnenbriefen vor.Die veröffentlichten Briefe geben nicht unbedingt die Meinung der taz wieder.