Die taz sagt, wie: So hacken Sie Ihr iPhone
Sie haben so ein iSpielzeug? Oder nicht, weil der Vertrag so viel kostet? Das Telefon ist ganz einfach zu hacken. Mit einem simplen Mausklick. Wir sagen, wie.
Egal, ob es ums Aufspielen "fremder" Software oder nur um Infos geht - Unzählige Diskussionsforen und Web-Seiten rund ums iPhone helfen Nutzern über Hürden hinweg: www.hackint0sh.org - "Amtliches" Diskussionsforum für iPhone-Hacks aller Art. Achtung: Die Null anstelle des "o" ist beabsichtigt.
www.apfelphone.net - Deutsche Step-by-step-Anleitungen (Tutorials) und Forum für eine Vielzahl von Problemfällen.
www.sendowski.de - Blog der iPhone-Legende André Sendowski, der mit vielen kleinen Programmen schon manchen Apple-Fehler geradegebogen hat.
board.gulli.com/forum/181 - Quicklebendiges (und manchmal sehr rüdes) iPhone-Diskussionsforum von Schülern und Studenten. Hilfe bei Problemen aller Art.
ww.apple.de/iphone - Offizielle Apple-Seiten zum iPhone.
www.t-mobile.de/iphone - Für Ängstliche: Seiten zum T-iPhone.
Es ist schon ein wunderschönes Spielzeug, das Apple da auf den Markt geworfen hat. Ernsthaft arbeiten lässt sich damit zwar nicht gerade, aber wer fragt schon nach so profanen Dingen wie Sinn oder gar Produktivität, wenn der Finger sanft über den Touch-Screen gleitet und durch bloßes Antippen zum Beispiel das aktuelle Wetter angezeigt wird. Da ist der Blick aus dem Fenster unnötig, schließlich gibt es noch viel mehr wundersame Dinge zu entdecken. Nur leisten konnten sich das begehrte Spielzeug bislang nur wenige; das iPhone wurde als Gadget für Leute konzipiert, die bereit und in der Lage sind, ordentlich dafür zu bezahlen.
Dafür hat Apple von Anfang an gesorgt und verkauft das Gerät nur über ausgewählte Vertragspartner, die mit lang laufenden Verträgen kräftig abkassieren. Bei T-Mobile kostet das Gerät 399 Euro, hinzu kommt ein Vertrag, der mindestens zwei Jahre läuft und je nach Anzahl der Inklusivminuten und freien SMS zwischen 49 und 89 Euro monatlich kostet. Die Internet-Nutzung ist enthalten, jedoch wird ab einem bestimmten Datenvolumen die Übertragungsrate eingeschränkt. Im günstigsten Fall kostet der Spaß insgesamt 1.575 Euro - dafür gibt es schon richtige PCs inklusive zwei Jahren Internet-Flatrate.
Aber die Welt schreit nach Gadgets - portable Geräte zwischen sinnvoller Funktionalität und verträumter Verspieltheit. Es wundert deshalb nicht, dass Steve Jobs Wundermaschinchen auch Begehrlichkeiten bei jenen weckt, denen das eigentlich zu teuer ist. Immerhin hat Apple eine riesige PR-Maschine in Gang gesetzt, die zudem von Medien aller Art kräftig unterstützt wurde und immer noch wird. Deshalb war es mit Sicherheit auch den Leuten bei Apple von Anfang an klar, dass die Sperre zur Beschränkung auf den Vertrags-Provider (SIM-Lock) früher oder später ausgehebelt wird.
In drei Schritten geknackt
Es dauerte auch nicht lange, bis das findige Leute hingekriegt haben. Dabei ist das notwendige Verfahren im Vergleich zu anderen Mobiltelefonen relativ aufwändig und kompliziert. Drei Schritte sind nötig, um aus dem iPhone genau das Gerät zu machen, das man eigentlich haben will. Am Anfang steht die Aktivierung. Die wird mit der (extra zu ladenden) iTunes-Software über das Netz vorgenommen und funktioniert nur mit der vertragsgemäßen SIM-Karte. Das zu umgehen, ist bei etwas älteren iPhones mit einem einfachen Trick möglich - aber der musste erst mal herausgefunden werden. Der nächste Schritt hat einen schönen und bedeutungsvollen Namen: Jailbreak, Gefängnisausbruch. Damit wird das iPhone von den Fesseln seines in sich geschlossenen Apple-Systems befreit. Nun ist mit Hilfe eines "Installers" auch das Aufspielen von Software möglich, die nicht von Apple stammt - zuerst selbstverständlich AnySim, mit dem die SIM-Karten jedes Anbieters funktionieren. Möglich wurde der Jailbreak durch eine Sicherheitslücke im Apple-Browser Safari. Die wurde mit dem Erscheinen des iPhones auf dem europäischen Markt gestopft. Das machte den Jailbreak ein wenig schwierig: Man musste erst ein älteres iPhone-System aufspielen (1.1.1), den Jailbreak durchführen und dann mit Hilfe spezieller Software auf 1.1.2 updaten und dabei den Jailbreak erhalten. Das war der gefährlichste Teil der ganzen Aktion. Das dazu nötige Windows-Programm heißt iBrickr - wenn was schiefgeht, wird aus dem schönen iPhone möglicherweise ganz genau das: ein Brick, ein nutzloser Backstein, der nur noch als Briefbeschwerer zu gebrauchen ist. Aber das passierte äußerst selten, notfalls wurde das iPhone mit einem Re-Virginizer in den jungfräulichen Zustand versetzt, um von vorne zu beginnen.
Im Januar erschien 1.1.3 - wieder eine neue Software-Version für das iPhone. Nun lassen sich die Icons auf dem Springboard genannten Touchscreen frei anordnen, und die Google-Karte zeigt auf Wunsch den aktuellen Standort. Der wird nicht per GPS, sondern über die Mobilfunk-Sendemasten in der Nähe ermittelt. Das klappt in den Ballungszentren erstaunlich genau und ist ein erneuter Grund, den Blick aus dem Fenster zu vermeiden.
Das Knacken dieser Version erschien zunächst unmöglich, Apple hatte das Fundament des iPhone-Systems erneuert: den Bootloader, der beim Einschalten das System lädt, und das Baseband, das für die Kommunikation mit dem Mobilfunk-Netz zuständig ist. Wer zu diesem Zeitpunkt schon ein befreites iPhone hatte, durfte auf keinen Fall sein System aktualisieren. Wer eins mit dem neuen System gekauft hat, konnte es ohne T-Vertrag nicht benutzen. Zumindest vorerst, denn es gab zwei Lösungen, die jedoch nicht besonders elegant waren: Das Gerät öffnen, auf der Platine zwei Kontakte überbrücken und die alte Version aufspielen. So etwas gab es schon mal in den Anfangstagen und ist ganz sicher nichts für Hobbybastler. Die haben TurboSim-Karten bevorzugt, kleine hauchdünne Karten, die auf die eigentliche SIM-Karte geklebt werden. Dadurch wird dem iPhone vorgegaukelt, dass sich die Karte eines Vertragspartners im Gerät befindet. Die Preise für TurboSim-Karten und deren Nachbauten gingen steil nach oben, bei Ebay wurde teilweise mehr als 100 Euro dafür gezahlt. Anfang Februar tauchten endlich die ersten Jailbreaks und Unlocks als reine Software-Lösung auf. Die waren für Ungeübte anfangs riskant und fehlerhaft, bei dem Versuch, ein altes Baseband mit dem neuen System zu kombinieren, kann viel schiefgehen. Zudem waren die Methoden der Hacker und Hacker-Gruppen untereinander unverträglich, ein fehlerhafter Versuch mit dem Programm von Hacker GeoHot konnte nicht mit den Werkzeugen von Nate True oder dem DevTeam ausgebügelt werden.
Mitte Februar tauchte dann die Lösung eines Hackers namens Zibri auf - einer, mit dem sich GeoHot und das DevTeam überworfen hat, weil er angeblich bloß deren Ideen und Werkzeuge bündelt und unter seinem Namen vertreibt. Aber es funktioniert. Einfach das iPhone an den Rechner anschießen, zur Datensicherung mit iTunes synchronisieren, dann wegen des sauberen Ergebnisses mit "Wiederherstellen" statt mit "Aktualisieren" das aktuelle System aufspielen. Sein ZiPhone erledigt den Rest - mit einem einzigen Klick auf den Startbutton. Der Vorgang dauert je nach System drei bis zehn Minuten, danach akzeptiert das iPhone jede beliebige SIM-Karte. Das ist so einfach wie nie - Aktivieren, Jailbreak und Unlock in einem Vorgang.
Garantie ist danach ungültig
Dennoch sollte man vorher genau wissen, was man macht und sich entsprechend informieren. In dem ZiPhone-Paket sind Versionen für Mac, Windows und sogar das alte DOS-System enthalten. Letztere ist am schönsten, weil sich alles flexibel einstellen lässt. Auch wenn die Garantie danach ungültig ist: Mit dem Jailbreak öffnet sich auch für - legalen - iPhone-Besitzer eine völlig neue Welt.
Plötzlich lässt sich eine Vielzahl von Programmen einfach über das Netz installieren. Kleiner Dämpfer: Nur wenige davon sind richtig gut und noch weniger sind sinnvoll. Aber einige sind einfach nur schön und machen großen Spaß - wie etwa Labyrinth, bei dem die Metallkugel nicht in die Löcher fallen darf. Die Kugel bewegt sich durch einfaches Schräghalten des iPhones. Am Ende ist das iPhone doch viel mehr als die wirklich gelungene Umsetzung der Idee, einen MP3-Player mit iPod-Qualität und ein absolut einfach zu bedienendes Mobiltelefon in einem Gerät zu vereinen. Das bisschen Internet mit E-Mail und Browser ist nebenher auch noch ganz nett. Für Ende Februar hat Apple ein "Software Development Kit" angekündigt, eine Werkzeugkasten, mit dem sich Programme für das iPhone entwickeln lassen. Die müssen selbstverständlich von Apple abgenickt werden, bevor sie auf die iPhones dürfen. Falls das schiefgeht, bleibt immer noch der Weg über den Installer. Und vermutlich gehört das von allen Fesseln befreite iPhone längst zu Apples Plan. Schließlich werden weltweit mehr als die Hälfte aller verkauften iPhones ohne Vertragskärtchen genutzt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Verkauf von E-Autos
Die Antriebswende braucht mehr Schwung
Außenministerin zu Besuch in China
Auf unmöglicher Mission in Peking
Warnstreiks bei VW
Der Vorstand ist schuld
Plädoyer im Prozess zu Polizeigewalt
Tödliche Schüsse, geringe Strafforderung
Olaf Scholz in der Ukraine
Nicht mit leeren Händen