: Die seltsamen Geschäfte des Dr. Rath
Scharlatan oder Wunderheiler: Mit Aminosäurepillen für Krebskranke verdient der Mediziner Dr. Mathias Rath Millionen. Die Arbeitsgruppe „Scientology“ der Hamburger Innenbehörde warnt eindringlich vor den Heilmethoden des Arztes
Von MARCO CARINI
Sein Konterfei blickt von jeder zweiten Plakatwand der Hansestadt, in fast allen Hamburger Tageszeitungen erscheinen in diesen Tagen seine großformatigen Vierfarbanzeigen. Unter der Überschrift „Jetzt kommt Dr. Rath“ wirbt eine „Dr. Rath-Foundation“ für den Auftritt des Mediziners heute Abend im Hamburger Congress Centrum.
Die schlichte Botschaft des Dr. Mathias Rath lautet: Weg mit der Schulmedizin und dem Pharma-Kartell – kaufen sie lieber meine Pillen! Die seien, so verkündet Rath, ein Allheilmittel gegen Herztod und Krebskrankheiten – ja mitunter sogar gegen die Immunschwäche HIV. Raths Theorie: Ein aus der Aminosäure Lysin, angereichertem Vitamin C und weiteren Inhaltsstoffen bestehender Tablettencocktail stoppt die Ausbreitung bösartiger Geschwüre und verhindert die Herzattacke. Wissenschaftliche Beweise für die Wirksamkeit seiner „Naturheilmedizin“ blieb der 48-jährige Mediziner bislang schuldig – sieht man von ein paar nicht ganz unabhängigen Studien ab, die Rath in seinem in den USA beheimateten „wissenschaftlichen“ Privatinstitut fertigen ließ.
„Anhaltspunkte, dass die Pillen des Dr. Rath bei Herzinfarkt oder Krebs wirken, haben wir nicht“, stellt Dr. Christian Steffen vom Bundesinstitut für Arzneimittel in Bonn klar. Für den bekennenden Verschwörungstheoretiker Matthias Rath sind solche Bewertungen nur ein weiterer Beleg dafür, wie sehr Bundesbehörden und Pharma-Konzerne miteinander verwoben sind.
Die Botschaft des Dr. Rath wirkt vor allem bei schwer kranken Menschen, die nach jedem Strohhalm greifen: Mit seinen hoch dosierten Vitamintabletten und Aminosäure-Präparaten baute der Streiter gegen die Pharmakonzerne sich ein eigenes Pillen-Imperium auf. Das liegt jenseits der deutschen Grenze im niederländischen Almelo, weil seine umstrittenen „Medikamente“ in Deutschland nicht zugelassen sind. Geschätzter Jahresumsatz: zwischen 60 und 100 Millionen Euro. Denn (guter) Rath ist teuer: Knapp 50 Euro kostet eine Basispackung des angeblichen Wundermittels „Epican Forte“, wer mehr für seine Gesundheit tun will, ist schnell mit ein paar hundert Euro pro Monat am Start.
Doch die Heilmethoden des Dr. Rath sind nicht nur teuer, sondern in den Augen seiner Kritiker auch gefährlich. So fürchtet die sächsische Verbraucherzentrale, dass die hohe Vitamin-Dosierung des Rath-Cocktails „dem Körper schaden“ kann.
Vor dem Mediziner warnt auch die Arbeitsgruppe „Scientology“ der Hamburger Innenbehörde. Deren Leiterin Ursula Caberta stuft Rath und seine Getreuen als „Psycho-Gruppe“ ein: „Rath bringt Schwerkranke davon ab, sich wirksamen Therapien zu unterziehen“, sagt Caberta: „Das kann verheerende Folgen haben.“ Denn Rath empfiehlt seine Präparate nicht als Ergänzung, sondern als Alternative zur herkömmlichen Heilbehandlung, und behauptet, „dass es keine Krebsart gibt, die nachweislich durch Chemotherapie heilbar“ sei.