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■ Die rumänische Presse unterstützt Hetze gegen ZigeunerKu-Klux-Klan in Rumänien

Die bedeutendsten amerikanischen Errungenschaften, die Rumänien bereits eingeführt hat, heißen Dallas, Coca-Cola und Michael Jackson. Während die Tugenden von freedom and democracy leider auf wenig Widerhall in dem südosteuropäischen Land stoßen, ließen sich einige Rumänen unlängst von den Machenschaften des Ku-Klux-Klan inspirieren: Vor gut zwei Wochen gründeten sie in der südrumänischen Stadt Ploiesti die „Organisation für den Kampf gegen die Zigeuner“, kurz OLIT genannt. „Gewalt muß mit Gewalt beantwortet werden“, lautet ihr Motto, wie OLIT-Präsident Marcel erklärte. „Alle verschiedener Delikte schuldige Zigeuner, die das Gesetz nicht bestraft, werden wir hart bestrafen, und zwar gemäß ihren Taten.“ „Die Rumänen“, ereifern sich andere Mitglieder, „werden von Zigeunern zusammengeschlagen, ausgeraubt und abgestochen. Und was macht die Polizei? Hält sich raus! Wir müssen die Ordnung im Lande wiederherstellen.“

Besonderes Aufsehen erregte die Gründung der Anti-Zigeuner- Organisation in den ansonsten sensationsgierigen rumänischen Medien nicht. Lediglich die RomÛnia liberă (Freies Rumänien), das angesehenste Blatt der demokratischen Opposition, veröffentlichte einen kurzen Bericht. Doch eine Strategie, Extremisten keine unnötige Popularität zu verschaffen, steckt hinter dem allgemeinen Schweigen über die OLIT nicht. Während sich einige Zeitungen gerade darauf geeinigt haben, die Pressekonferenzen der Regierung zu boykottieren, sind in allen Blättern des Landes nahezu täglich Berichte über „kriminelle Zigeuner“ nachzulesen – genüßlich, hetzerisch und voller Klischees.

„Massive Razzia im Fürstentum der Verruchtheit von Sintești“, titelte jüngst die halbamtliche Tageszeitung Adevărul (Die Wahrheit). Es folgte eine Geschichte über 135 Roma-Familien, „alle ohne Arbeit“, die „durch ihre Lebensweise“ seit Jahren die rumänischen „Dorfbewohner terrorisieren“. Weiter wird berichtet, daß bei einer Razzia 300 Kilogramm Kupferkabel gefunden worden seien, „vollkommen neu und eindeutig gestohlen“, heißt es. Der Artikel schließt mit der Bemerkung, daß Roma auch weiterhin stehlen, solange die Behörden „nur“ Polizeistreifen schicken.

„Die Zigeuner schlafen am Tag und stehlen nachts“, überschrieb RomÛnia liberă vor kurzem einen Artikel. „Raub auf den Getreidefeldern von Butimanu“ hatte das Blatt registriert. Ein Foto zeigt einen Bauern, der die Hände überm Kopf zusammenschlägt. Weitere Beweise blieb die Zeitung allerdings schuldig.

Als Ende Juli führende rumänische Roma-Politiker die Medien des Landes beschuldigten, in rassistischer Weise über Zigeuner zu berichten, reagierten viele Zeitungen zutiefst beleidigt. Die weitaus größte Zeitung des Landes, das Boulevardblatt Evenimentul Zilei (Das Ereignis des Tages) druckte eine kommentarlose Nachricht über die Pressekonferenz der Roma-Politiker ab. Einige Seiten weiter war folgendes zu lesen: „Neue Geldmachmaschine im Westen – Zigeuner benutzen den Trick mit den toten Hunden und Katzen.“ Ohne nähere Angaben berichtet das Blatt, daß rumänische Zigeuner in Deutschland Kadaver von Hunden und Katzen vor Häuser und Wohnungen legen, um für deren Entfernung dann von den Bewohnern Geld zu kassieren.

Die „Organisation für den Kampf gegen die Zigeuner“ hat angekündigt, daß sie sich mit Granaten, Pistolen und automatischen Waffen ausrüsten werde. Obwohl der Krieg gegen die Zigeuner im Herbst beginnen soll, ist die Staatsanwaltschaft noch nicht eingeschritten. Keno Verseck

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