■ Die Anderen: Die "Washington Post", der britische "Guardian" und die Pariser Tageszeitung "Le Figaro" kommentieren das Ergebnis der Irak-Mission von UNO-Generalsekretär Annan
Die „Washington Post“ glaubt, daß Annan die USA aus einer mißlichen Lage befreit hat: UN-Generalsekretär Kofi Annan hat der Clinton-Regierung einen großen Gefallen getan mit der Aushandlung eines Abkommens, das die nunmehr unbehinderte Fortführung der Waffeninspektionen im Irak zu gewährleisten scheint. Clinton kann das Ergebnis durchaus als einen Sieg der „durch Stärke und Entschlossenheit gedeckten“ Diplomatie verbuchen, wie er dies gestern getan hat. Aber ein Aufschub des Krieges gibt dem Präsidenten zugleich die Chance, das zu tun, was er bisher versäumt hat – seine Politik zu Hause glaubwürdig zu machen und die internationale Koalition neu zu schmieden, die die USA für ein erfolgreiches Vorgehen gegen Saddam Hussein brauchen. Nun also, dank Kofi Annan, hat die Administration eine zweite Chance, die Dinge richtig zu machen. Es ist offensichtlich, daß die Amerikaner keine Kriege mögen – und besonders solche mit begrenzter Zielsetzung nicht. Aber es ist möglich, die Menschen hier und überall in der Welt davon zu überzeugen, daß ein langfristig angelegter Kampf mit Saddam Hussein seine Kosten wert ist.
Der britische „Guardian“ hofft, daß Annans Erfolg der Beginn einer nicht-militärischen Entwicklung ist: Mit seiner Ankündigung in Bagdad, ein „akzeptables“ Verhandlungsergebnis erzielt zu haben, hat Annan viel getan, um das richtige Klima für positive Entscheidungen in Washington und im Weltsicherheitsrat zu schaffen. Wenn sein Einsatz zum Erfolg führt, hat er viel getan, um die Autorität der UN wiederherzustellen, die Gefahr lief, von einseitiger militärischer Aktion umgangen zu werden. Vielleicht können jetzt wieder einige der guten Absichten verfolgt werden, die nach dem Golfkrieg von 1990/91 für den Nahen Osten proklamiert wurden: eine Wiederbelebung des Friedensprozesses, demokratische Regierungen, eine Reduzierung des Wettrüstens und ein Ende der allseitigen militärischen Bedrohungen. Das sind momentan ferne Visionen, doch sollten sie nach so vielen schlechten Träumen doch ermutigt werden.
Die USA-kritische Haltung der französischen Regierung in der Irak-Krise lobt die Pariser Tageszeitung „Le Figaro“: Nur Frankreich hat den Mut zum Handeln gehabt, indem es so den Anstrengungen des UN- Generalsekretärs Annan alle Chancen gab. Es hat gezeigt, daß die besten Partner der USA diejenigen sind, die ihnen standhalten können. Diskret und ohne jemals Präsident Clinton in Schwierigkeiten zu bringen, hat Frankreich dazu beigetragen, den Vereinigten Staaten und die Clinton-Administration durch das Offenhalten der diplomatischen Option einen schrecklichen Fehltritt zu ersparen. Frankreich hat weltweit weitaus mehr Glaubwürdigkeit, als es selbst glaubt.
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