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■ Die anderenDie "Financial Times" warnt Schröder originellerweise vor einem Linksschwenk / "Lidove noviny" hält die Wahl in der Ukraine für eine Grundsatzentscheidung / Zu den Wahlen in der Ukraine meint der "Corriere della Sera"

Die britische Financial Times warnt Schröder originellerweise vor einem Linksschwenk: Schröder muss darauf reagieren. Aber die Ideen, die er bisher entwickelte – die Wiedereinführung der Vermögenssteuer und ein früheres Rentenalter – sind nicht wünschenswert. Die Vermögenssteuer würde Unternehmer abschrecken und vermutlich ohnehin wenig einbringen. Ein früheres Rentenalter würde die demographischen Probleme nur verschlimmern, denen das Land gegenübersteht. Stattdessen sollte Schröder seinen Gefolgsleuten versichern, dass seine Partei nicht ihre Prinzipien vergessen hat, auch wenn Deutschland mehr unternehmensfreundliche Maßnahmen zur Stützung des Wachstums braucht. Er sollte sich weiter von dem nicht sehr hilfreichen Begriff der „neuen Mitte“ distanzieren und mehr Zeit darauf verwenden, über seine langfristige Vision des Wohlfahrtsstaats und des Landes sprechen. Dies – und nicht ein unangebrachtes Einknicken nach links – ist der beste Weg, um in der Partei und im Land wieder Unterstützung zu finden.

Die tschechische Lidove noviny hält die Wahl in der Ukraine für eine Grundsatzentscheidung: Für die Ukraine ist die Präsidentenwahl eine Entscheidung zwischen Europa und dem Osten. Insgesamt 13 Kandidaten standen zur Wahl, die besten Chancen besitzt Amtsinhaber Kutschma. Das grundsätzliche Problem der Ukraine liegt aber woanders: Anstatt dass das Land seine schönen Seiten ausbaut, rutscht es mit merkwürdiger Geschwindigkeit in die Stagnation. In Kiew gibt es zwar in diesen Tagen wegen der Präsidentenwahl ausnahmsweise warmes Wasser in den Fünf-Sterne- Hotels. Aber schon eine Fahrt in die nahen Dörfer gleicht trotz eines ausgeprägten Förderprogramms einer Reise in die Vergangenheit.

Zu den Wahlen in der Ukraine meint der Mailänder Corriere della Sera: Acht Jahre nach der Auflösung der Sowjetunion versucht der ukrainische Präsident Leonid Kutschma ein zweites Mandat zu erhalten, indem er sich als die einzige Bastion gegen die Rückkehr des Kommunismus präsentiert. Aber die Situation im Land ist dramatisch: Renten werden nicht bezahlt, Bergwerke geschlossen, Fabriken sind zerschlagen, die Landwirtschaft liegt darnieder. Und es ist daher durchaus verständlich, wenn viele Bürger, wie bereits bei den Wahlen 1996 in Russland, mit Wohlgefallen auf solche Bewerber schauen, die vorschlagen, die Uhr wieder zurückzustellen und in eine Vergangenheit zurückzukehren, die immer mehr mystifiziert wird.

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