■ Die Anderen: Die palästinensische Tageszeitung "Al-Kuds" kommentiert die Lage in den Palästinensergebieten / Die israelische Tageszeitung "Haaretz" schreibt zum gleichen Thema / "La Repubblica" zum Verfahren gegen Winni Mandela
Die palästinensische Tageszeitung „Al-Kuds“ kommentiert die Lage in den Palästinensergebieten: Demonstrationen in Bethlehem und anderen Palästinensergebieten sind ein klares Anzeichen dafür, daß die Lage sich verschlechtert, während der Friedensprozeß weiter stockt. Die palästinensischen Massen haben immer mehr das Gefühl, daß Israel eine Politik der systematischen Vertragsverletzung betreibt. Israels Vorschlag, Truppen aus einem winzigen Gebiet des Westjordanlands abzuziehen, beweist, daß Israel weiter palästinensisches Land besetzen und jüdische Siedlungen bauen will. Die Frustration ersetzt auf der palästinensischen Seite immer mehr die Hoffnung und staut sich an bis zu einem Punkt, an dem sie nicht mehr kontrolliert werden kann, falls der Friedenprozeß weiter stagniert. Wenn Israel weiter versucht, Zeit für den Bau zusätzlicher Siedlungen zu gewinnen, wird dies verheerende Auswirkungen auf die ganze Region haben.
Die israelische Tageszeitung „Haaretz“ schreibt zum gleichen Thema: Es ist zu hoffen, daß Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu bei der Entscheidung über weitere Truppenabzüge aus dem Westjordanland die erforderliche Entschlossenheit beweisen und den Vorschlag ohne weiteren Aufschub absegnen lassen wird. Dies ist wünschenswert, weil das Warten auf konkrete Ergebnisse die Regierung in wichtigen Entscheidungen lähmt. Überdies hat Netanjahu sich US- Außenministerin Madeleine Albright gegenüber verpflichtet, die Bremse in einer für den Friedensprozeß so wichtigen Frage loszulassen.
Bei der verspäteten Entscheidung darf sich Israels Regierung nicht nur für einen winzigen Truppenabzug entscheiden. Sie muß einen Abzug aus mindestens zwölf Prozent des Gebiets vorschlagen und ihn in Gebieten durchführen, die den Palästinensern eine Eigenverwaltung in zusammenhängenden Regionen ermöglicht.
„La Repubblica“ (Rom) zum Verfahren gegen Winnie Mandela: Die unkontrollierbare Winnie, Nummer zwei der Republik, ist ein Alptraum, dem kein Diplomat ins Auge blicken mag. Die Zukunft Südafrikas bleibt höchst unsicher, und eine zu Rassenkriegsdrohungen und hemmungslosem Populismus neigende Frau ist das letzte, was internationale Investoren und Kreditgeber beruhigen könnte. In den Anhörungen steht politisch sehr viel auf dem Spiel. Jede neue belastende Zeugenaussage ist ein schwerer Schlag für die Zukunft Winnie Mandelas. Doch sie ist zugleich auch eine bedrückende Frage an die südafrikanische Führungsklasse: an die alte der Rassendiskriminierung und Unterdrückung, aber auch an die neue, die aus dem Land eine „non racial democracy“ gemacht hat.
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