: Die erste Qualitätskaufzeitung
Ab 30. April erscheint die taz mit einer neuen Seite 1. Damit nehmen wir die Herausforderung am Kiosk an
Liebe LeserInnen,
zunächst wollen wir Ihnen sagen, was sich NICHT ändert: Die taz ist und bleibt eine politische Tageszeitung wie keine andere in Deutschland. Entstanden 1979 aus der Ökobewegung, der Friedensbewegung, der Desillusionierung der Linken nach dem Deutschen Herbst, den negativen Veränderungen der linksliberalen Medien und der daraus resultierenden Notwendigkeit einer neuen, unabhängigen Zeitung.
Seit März 2000 arbeiten wir im ersten Teil der Zeitung mit einem Schwerpunktkonzept. Das heißt: Täglich fällt eine klare Entscheidung, bestimmte, wichtige Themen groß und ganzseitig aufzuschreiben, andere dafür kurz und knapp abzuhandeln. Dieses Groß-Klein-Prinzip wird genauso beibehalten wie die bewährte Mischung aus Inlands-, Auslands- sowie Wirtschafts- und Umweltberichterstattung. Und die Vielfalt an Meinung, Debatte, die täglich auf den beiden Meinungsseiten auch die Leserdebatten einschließt.
Seit der Einführung von taz zwei im Oktober 2003 und der monothematischen Seite 13 wenden wir das Schwerpunktkonzept auch täglich für den Bereich Gesellschaft, Kultur, Populärkultur und Medien an.
Diese Entschiedenheit in der Themengewichtung bei gleichzeitiger schneller und knapper Information über die Gesamtnachrichtenlage wird künftig auch regelmäßig auf Seite 1 (und auf Seite 2) angewandt.
Nun kann es sein, dass Sie – was wir hoffen – zufrieden mit der taz sind und ihrer Seite 1.
Warum Veränderung? Die taz ist eine AbonnentInnenzeitung. Das ist gut für die taz, weil ihre AbonnentInnen die wichtigste Erlösquelle der unabhängigen taz-Genossenschaft sind. Außerdem: An einem Abo verdient die taz sehr viel mehr als am Verkauf eines Kiosk-Exemplars. Das heißt: AbonnentInnen haben Priorität. Dennoch wollen und müssen wir verstärkt auch daran arbeiten, am Kiosk erfolgreich zu sein, um neue LeserInnen für die Idee der wirklich unabhängigen Zeitung zu begeistern, die weder in der Hand eines Konzerns noch in denen der werbenden Industrie liegt. Es gibt allerdings zugegebenermaßen zwei Probleme:
1. Der Markt für Qualitätszeitungen schrumpft.
2. Qualitätszeitungen tun sich am Kiosk traditionell schwer.
Aber es hilft ja nichts. Wir wollen auch in Zukunft eine gute taz anbieten können. Wir haben auch in der Vergangenheit bewiesen, dass wir jenseits der Lethargie oder buchhalterischer Reaktion in anderen deutschen Verlagshäusern kreative, innovative, zukunftstaugliche Entwicklungen vorantreiben (die dann von den anderen übernommen werden).
Und nun machen wir eben eine Qualitätszeitung, die am deutschen Kiosk auch als Kaufzeitung funktioniert. Und zwar selbstverständlich jenseits des Boulevards, dessen Publikum und die taz aus vielen Gründen nicht zusammenkommen können. Aber wer sagt denn, dass ein 20- oder 25-Jähriger gar nicht liest? Mag sein, dass er sich kurzfristig und nicht festgelegt am Kiosk entscheidet – aber wir wollen nicht akzeptieren, dass es zwangsläufig die Welt Kompakt sein muss. Überzeugungsarbeit leisten muss und wird die gesamte Zeitung. Zunächst einmal müssen wir manche näher an die taz heranbringen. Angesichts unseres sehr beschränkten Marketing- und Werbeetats (wir investieren alles in die Qualität der Zeitung) hat da traditionell die Seite 1 eine wichtige Funktion. Hier kommt die neue Titelseite ins Spiel. Sie soll die Stärken der taz und ihre Unterscheidbarkeit von allen anderen noch sichtbarer machen. Und zwar nicht erst bei vertiefender Lektüre, sondern wenn möglich auch schon aus drei Metern Entfernung.
Die neue Seite 1 wird, davon sind wir überzeugt, auch für unsere AbonnentInnen eine Verbesserung werden. Weil sie das betont, wofür die taz steht: den Mut zum eigenen Thema, die Notwendigkeit eines klaren, eigenen Standpunkts, die angebrachte Respektlosigkeit in der Schlagzeile.PETER UNFRIED,stellvertretender Chefredakteur