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■ Die beiden Joachims machen WerbungDrei Szenen aus dem Creativ-Studio

1. Szene

Telefon: Hübeldidelödelidel.

Joachim: Joachim.

C.: Der eine Joachim?

Joachim: Der andere.

C.: Bitte den einen.

Joachim: Für dich. Übergibt den Hörer an den einen Joachim.

C.: Ich hab eine dicke Kuh für euch am Strick, die neue Kampagne für den Maiermilch-Bio-Öko- Natur-Joghurt. Ne sahne Sache.

Joachim: Maier? D e r Maier aus dem Allgäu, der den Kleinbauern die Butter vom Brot kratzt, indem er die Milchpreise drückt?

Joachim Aus dem Hintergrund: Lohnarbeit für Maiermilch? Kommt nicht ins Tetrapack. Es gibt auch Grenzen...

C.: Es sind je 5.000 drin.

Joachim laut: 5.000?

Joachim: ...und diese Grenzen überschreite ich nur für Geld.

Joachim: Hör auf mit dem Gequarke. In die Muschel: Das ist ein Brüller!

Joachim singt aus dem Hintergrund auf die Melodie von „Yellow Submarine“: Heute melken wir die Maiermeierei, Maiermeierei...

2. Szene

Die Joachims in ihrem Creativ- Studio. Ein Joachim liest vor.

Joachim: Produkt: Bökoghurt, biologisch-dynamisch-ökologischer Naturjoghurt mittlerer Qualitäts- und gehobener Preisstufe. Zielgruppe: friedensbewegte, überdurchschnittlich gebildete BesserverdienerInnen zwischen 35 und 55 mit alternativen und ganzheitlichen Lebensentwürfen, die ökologisch korrekte Ernährung wichtiger finden als Geschmack.

Joachim: Greenpeace-Klientel.

Joachim liest weiter: Mit dem Bökoghurt möchte die Firma Maiermilch ökologische Kompetenz demonstrieren.

Joachim vorlaut: Wie wär's mit: „Bökoghurt von Maier, der ökosanfte Bayer“?

Joachim: Käse. Wir müssen die Essentials der Zielgruppe ins Spiel bringen, auf die Bigpoints der Ökos setzen: Regenwald, BSE, Indianerstämme, Ethnopop, Gentechno, Wertkonservatismus.

Joachim triumphiert: „Bei uns werden nur Werte konserviert. Bökoghurt von Maier. Ohne Konservierungsstoffe.“

Joachim: Hat Joghurt Konservierungsstoffe?

Joachim: Eben!

Joachim: Rindvieh. Morgen ist Termin, und von dir kommt nichts als dünne Molke.

Joachim: „Die andern kriegen BSE / Bökoghurt ist O.K.“

Joachim vergräbt sein Gesicht in den Händen: Wenn einer hier BSE hat, dann der andere Herr Joachim – wann kapierst du, daß die Öko- Ethno-Multi-Kulti-Sentimenti- Schiene gefragt ist?

200 Marlboros später.

Joachim: Lies noch mal vor!

Joachim: Also: „Erst wenn die letzte Kuh verwurstet, der letzte Käse gegessen, der letzte Schinken vom Giebel geholt, der letzte Quark gerührt und der letzte Rahm abgeschöpft ist, werdet Ihr erkennen, daß man auch Joghurt essen kann. Deshalb: Bökoghurt von Maier. Bevor es zu spät ist.“

Joachim: Allererste Sahne.

Joachim: Doppelrahmstufe.

Joachim: Und meinst du wirklich, der Maier riecht keine Ironie?

Joachim: Der Maier? Nie!

Joachim: Na denn, Prost!

DIVERSE SEKTKORKEN: Plopp Plopp Plopp Plopp Plopp!

3. Szene

Vier Wochen später. Vor dem Fenster des 13qm-Souterrain-Creativ-Studios der Joachims rumpelt es laut. Ein 30-Tonner ist vorgefahren, der Fahrer bugsiert mit einem Gabelstapler volle Paletten auf den Bürgersteig. Nun reicht er einem Joachim einen Zettel. Der liest:

Lieferschein. Honorar für die Agentur Joachim & Joachim in Höhe von DM 10.000, nach Vereinbarung mit der Agentin C. in Form von 20.000 Bechern Bökoghurt. Er kollabiert.

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