■ Die anderen: „De Standaard“ kritisiert den Umgang der Nato mit den zivilen Opfern / „Corriere della Sera“ befindet, daß die serbische Armee in westlichen Medien nicht vorkommt / Der „Tages-Anzeiger“ kommentiert die europäische Diplomatie im Kosovo-Konflikt
Die flämische Tageszeitung „De Standaard“ kritisiert den Umgang der Nato mit zivilen Opfern der Luftangriffe gegen Jugoslawien: Das stahlharte Argument der Nato lautet, daß es in jedem Krieg Fehlkalkulationen gibt. Doch die Nato muß aufhören, beschönigend von „collateral damage“ (zivile Schäden), den unvermeidbaren Nebenwirkungen, zu sprechen, während es um Menschen und Kriegsopfer geht. Menschen mit Namen, mit einer Vergangenheit. Die Militärs haben einen verschleiernden technischen Sprachgebrauch entwickelt, wenn es um den Krieg geht. Vielleicht geht es einfach nicht anders, um das durchzuhalten, aber diese Art der Wortwahl ist wirklich unangemessen für die Unterrichtung der Medien. So spricht man nicht über Menschen.
Der Mailänder „Corriere della Sera“ befindet, daß die serbische Armee in den westlichen Medien seltsamerweise nicht vorkommt: Die serbische Armee scheint in den Bildern von diesem Krieg – zumindest im westlichen Fernsehen – nicht zu existieren. Die serbischen Soldaten sieht man auf unseren Schirmen nicht, nur Polizisten an der Grenze zu Albanien. Praktisch niemand weiß, wie eigentlich ihre Uniform aussieht. Abgesehen von jeder menschlichen Betrachtung hat das Zerstören von Brücken, Straßen und Häusern sicher eine militärische Wirkung. Aber man hat den Eindruck, daß der Krieg vor allem Nichtmilitärs trifft und sich gegen einen Feind richtet, den man nicht sieht und den man nicht zeigen will oder kann.
Der Züricher „Tages-Anzeiger“ kommentiert die europäische Diplomatie im Kosovo-Konflikt: Zwar machen europäische Politiker reihenweise ihre Aufwartung bei Slobodan Miloevic. Allerdings ohne ersichtlichen Erfolg. Nach Jesse Jacksons privater Mission ist es höchste Zeit für weitere Vorstöße. Die Initiative sollten die Europäer ergreifen. Schließlich stand schon bei den Beratungen um den Amsterdamer Vertrag vor zwei Jahren die Friedensdiplomatie im Vordergrund. Vor allem ist die Ernennung eines „Hohen Vertreters für gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik“ im Vertrag verankert. Das ist heute kein abstraktes Amt, sondern verpflichtet unter den gegebenen Umständen zu einer klaren Aufgabe: Friedensstiftung auf dem Balkan und Brückenschlag zu den Amerikanern. Der „Hohe Vertreter“ der Europäischen Union wird also möglichst schnell zum bedeutsamen Mister Kosovo werden müssen.
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