Die Woche: "Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?"
Taugen Online-Durchsuchungen, um andere E-Mails zutage zu bringen als "Viagra jetzt auch günstiger für Islamisten"? Wer steht auf archivierten Sockenduft? Oder wird das BKA am Datenwust ersticken?
taz: Herr Küppersbusch: Was war schlecht in der letzten Woche?
Friedrich Küppersbusch ist Journalist und Fernsehproduzent. Jede Woche wird er von der taz zum Zustand der Welt befragt
Friedrich Küppersbusch: Nach Goebbels vergreift sich Titanic an Alice Schwarzer bei Parodie der aktuellen Bild-Kampagne.
Was wird besser in dieser?
Bild honoriert Titanic.
Heute geht das Parlament in die Pause, früher auch Sommerloch genannt. Gibt es dieses Sommerloch noch - oder sorgt die vervielfältigte Zahl der Medien dafür, dass es immer Nachrichten gibt?
Das sind überkommene Regeln, die in einer entwickelten Horstokratie nicht mehr gelten. So könnte Köhlerhotte sich, um nach Christiansen auch Anne Will etwas zu bieten, dort zum Erbhorst ausrufen. Eben erklärt er Schäuble für übereifrig, vielleicht schießt er wieder ein paar Gesetze ab und bekommt bei "Praktiker" 20 Prozent auch auf Tiernahrung. Oder er zwingt Unterhorst Seehofer, trotz der Kandidatur von Gabriele Pauli bei seiner Frau zu bleiben.
Frau Pauli will für den CSU-Vorsitz kandidieren. Die CSU-Elite hält das für groben Unfug. Zu Recht?
Alles unterhalb "groben Unfugs" gilt bei der CSU traditionell als parteischädigendes Verhalten. In der Tat schrammt Pauli die eherne Regel, wonach die Leute den Verrat lieben, nicht aber die Verräter. Die erreichbare Modernisierung der CSU heißt Seehofer, so mäßig sich das ausnehmen mag. Da Pauli bevorzugt diesem Horst Stimmen abzieht, funktioniert sie als nützlicher Idiot Hubers.
Die große Koalition scheint sich langsam, aber sicher auf die Online-Durchsuchung zuzubewegen. Ist das ein nötiges Mittel zur Terrorabwehr ?
"Viagra jetzt auch günstiger für Islamisten" oder was für E-Mails glauben die zu finden? Mich beunruhigt die schiere technische Machbarkeit solcher Verletzung - sowohl der Wohnung als auch des Briefgeheimnisses wie in der Summe damit auch der Verfassung. Die leidgestählte Regel "wenn es geht, machts auch einer" führt in die Spekulation, leider. Also lieber ein Rückgriff: Die Stasi, sagen manche, die dabei waren, erstickte letztlich an der Flut ermittelten Materials. Hieße: Archivierter Sockenduft ist etwas, auf das man erst mal stehen muss. Würg! Und zweitens wirkt die Einschüchterung der Bürger wesentlich stärker als der ermittlungstechnische Nutzen.
Die Grünen wollen auf einem Sonderparteitag über den Afghanistan-Einsatz beraten. Ist es sinnvoll, die Bundeswehr aus Afghanistan abzuziehen und das Isaf-Mandat nicht zu verlängern?
Ich verstehe immer noch nicht, warum die Grünen sich in solcher Fragestellung mit mindestens dem ganzen deutschen Staat verwechseln. Früher hieß die Frage: Kann die gewaltfreie Partei, die am ehesten aus der deutschen Geschichte gelernt zu haben beanspruchen möchte, für so einen Kampfeinsatz sein? Die Antwort hieß klar "Nein" und das Ergebnis hieß: Die konnte man wählen.
Lafontaine fordert das Ende aller Auslandseinsätze der Bundeswehr. Ist das vernünftig?
Er nicht, das ja.
Auch George W. Bush hat festgestellt, dass die US-Bürger "kriegsmüde" sind. Viele halten das für den Beginn des langsamen Rückzug der USA aus dem Irak. Ist der "Krieg gegen den Terror" in Irak und Afghanistan endgültig gescheitert?
Die Täter des 11. 9. sind nicht gefasst, die Bedrohung auch durch vielfache Nachahmung ist eher noch spürbar erhöht worden; namentlich die USA und ihre Willigen haben sich redlich der ekligen Fratze angeähnelt, die ihre Gegner eh schon hassen, und Amerika hatte Pech, in der Stunde der Herausforderung einen der schlechtesten Präsidenten seiner Geschichte zu erleiden.
Wie müsste eine sinnvolle Bekämpfung des islamistischen Extremismus vonseiten des Westens aussehen?
Binse, okay, aber: Die Stärkung der islamistischen Mäßigkeit ist das Mittel der Wahl. Wie umgekehrt die Bekämpfung westlicher Anmaßung nicht darin besteht, Bush wegzubomben in kranken Allmachtsfantasien. Sondern zum Beispiel mit UN, mit gemäßigten Europäern neue Wege zu suchen. Ohne diese Hälfte ist alles andere Aggressionspolitik. FRAGEN: SR
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