Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
Horst Köhler packt seinen Du-du-Finger aus und Gerhard Schröder ist der Mann mit dem rettenden Rohr.
t az: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der letzten Woche?
Friedrich Küppersbusch: Auf Sommerreifen komme ich nicht bis zu der Werkstatt, wo es Winterreifen gibt.
FRIEDRICH KÜPPERSBUSCH ist Journalist und Fernsehproduzent. Jede Woche wird er von der taz zum Zustand der Welt befragt.
Was wird besser in dieser?
Mein Powerslide und der Blindflug, nachdem das Scheibenwaschwasser noch in der Düse gefriert.
Am Dienstag veranstaltet Bundespräsident Horst Köhler wieder einen Neujahrsempfang "für Bürgerinnen und Bürger". Warum?
Vielleicht schwant ihm was. Das gibt noch mal einen Reihenabwurf in die Lokalzeitungen aller Eingeladenen. So steigert Köhler sein Alleinstellungsmerkmal, die engste Verbindung von "enorm populär" und "exakt null Grund" seit den Teletubbies zu sein. Eben noch bepöbelte er "die Politik" als "zu langsam" und tadelte "die Agenda 2010 als bei weitem nicht ausreichend". Schon tun ihm jetzt deren Opfer leid und zeigt er bösen Managern engagiert und notfalls unbequem den Du-du-Finger. Diese Bundespräsidentschaft hat keine Haltung und kein Ende. Vielleicht ist das für manche eingeladenen Bürger so ne Art moderate Dschungel-Prüfung.
Die Witwe des von der RAF ermordeten Bankiers Jürgen Ponto ist mit einer Klage gegen den Film "Der Baader-Meinhof-Komplex" gescheitert. Gut so?
Ignes Ponto sieht sich durch falsche Darstellung ihrer Person in ihrem Persönlichkeitsrecht verletzt. Das ist etwas anderes als das waghalsige Konstrukt, mit dem die Grünenthal-Anwälte Winkelmanns "Contergan"-Film demolieren wollten ("Recht der Unternehmenspersönlichkeit"). Auch der Witwe des Mogadischu-Flugkapitäns ist nie so mannhaft von Kanzler Schmidt kondoliert worden, wie die jüngste Dramatisierung schönfärbte. Fazit: Wenn ich unter Klarnamen und für meine Mitmenschen identifizierbar öffentlich falsch dargestellt werde, muss ich mich wehren können. Mindestens muss auf das Nicht-Authentische hingewiesen werden.
Der Ex-Terrorist Christian Klar wird nun doch kein Praktikant bei Peymann. Was dann?
Wenn Peymann und Bild vorher gegrübelt hätte, wie beide mal wieder ne richtig fette, polarisierende Presse bekommen und dabei irgendeinen unwichtigen Terrorheinzel opfern: was hätten sie anderes gemacht?
Die Ukraine und Russland streiten sich wieder und Dritte müssen frieren. Wie oft wollen die das noch machen?
Dass ausgerechnet Gerhard Schröder als der kleine Mann mit dem rettenden Rohr in die Geschichte eingeht, würde einem als Folie für ein psychologisierendes Fernsehspiel wegen altfreudianischer Klischeefracht um die Ohren gehauen. Seis drum, die Realität darf dreist und burlesk; am Ende wird Moskau eine Ostsee-Pipeline bekommen, und wenn es die auch abdreht winters, werden wir wissen, dass es nie nur um die Ukraine ging. Wenn wir nicht schnell gazpromisk werden, also andere Lieferanten gewinnen können, forciert auch dieser Vorgang wieder nur die Hinwendung zu ökologischen Energien.
In nur zwei Monaten wurden in Deutschland 114.000 Menschen arbeitslos. Wer ist schuld?
Wer das in einem klaren Satz schafft, kann die NPD an die Macht führen. Wenn er dabei nicht scheiße aussieht.
Pharma-Milliadär Adolf Merckle wirft sich vor einen Zug, der US-Immobilienguru Steven Good erschießt sich. Warum können Manager nicht mit ihrem Scheitern umgehen?
Äh … das ist doch ein - wenn auch verwerfliches - Umgehen mit dem eigenen Scheitern? Für den Betriebswirt hört das Problem auf, wenn die Leute gefeuert und das Kapital aufs Privatkonto verzaubert ist - für den Volkswirt fängt das Problem hier an. Der gesellschaftliche Diskurs und die Manager-Moral haben sich völlig darauf verkürzt, billige Betriebs- als große Volkswirtschaft auszugeben. Nur in betriebswirtschaftlicher Perspektive sind die Selbsttötungen unverständlich. Volkswirtschaftlich sind sie die falsche Konsequenz aus dem richtigen Urteil.
Kurz vor Ende seiner Amtszeit ruft George W. Bush das größte Meeresschutzgebiet der Welt aus. Plötzlich öko?
Clinton versuchte am Ende noch, Nordirland und den Nahen Osten zu befrieden. Ersteres muss Bush also nicht mehr, Letzteres hat er auf Jahrzehnte unmöglich gemacht. Also lieber öko.
Die umstrittene Ausstellung "Körperwelten" ist wieder in Deutschland zu sehen. Was kann man da lernen?
Wie man aus Dreck Geld macht.
Ist es von Belang, wohin Lukas Podolski wechselt?
Ja, Netzer wird ihn als "den in München gescheiterten" apostrophieren, bis er 50 ist. Finde es gut, dass die Bayern-Strategie "Der Einkauf muss uns ja nicht nutzen, er muss den anderen nur schaden" durchkreuzt wurde.
Und was machen die Borussen?
Zumindest die Härtesten der Harten, also Fans, die sogar ins Trainingslager mitreisen, rufen - meldet der ebenso vor Ort vertretene RevierSport - nach "Poldi", nachdem Kruska den BVB verließ. 10 Mio für Bayern und Podolski wieder nicht daheim - es täte mir leid.
FRAGEN: AK, FRA
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Erfolg gegen Eigenbedarfskündigungen
Gericht ebnet neue Wege für Mieter, sich zu wehren
Stockender Absatz von E-Autos
Woran liegt es?
Grünes Wahlprogramm 2025
Wirtschaft vor Klima
Tod des Fahrradaktivisten Natenom
Öffentliche Verhandlung vor Gericht entfällt
Parteiprogramme für die Bundestagswahl
Die Groko ist noch nicht gesetzt
Foltergefängnisse in Syrien
Den Kerker im Kopf