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Die WahrheitSankt Salmi kehrt zurück

Kolumne
von Joachim Schulz

„Ach du Scheiße, Sankt Salmi ist wieder da!“, sagte der dicke Mann, der die Straße kehrte. Raimund und ich schauten Theo an. „Ach du Scheiße?“, sagte ich.

Ach du Scheiße, Sankt Salmi ist wieder da!“, sagte der dicke Mann, der die Straße kehrte. Raimund und ich schauten Theo an. „Ach du Scheiße?“, sagte ich. „Sankt Salmi?“, staunte Raimund. Theo wiegte den Kopf. Wir waren mit ihm in sein Heimatdorf gefahren, um das Denkmal zu sehen, von dem er uns seit Jahr und Tag erzählte. Das Denkmal, das man ihm gesetzt hatte – ihm, dem Robin Hood vom Borstelmoor.

„Vielleicht sollte ich euch erst mal Little Big Horst vorstellen“, sagte Theo: „Er war meine rechte Hand, solange es die Bande gab.“ Der Mann verschwand grußlos. „Und was hat es nun mit dem heiligen Salmi auf sich?“, hakte ich nach. „Tja“, sagte Theo: „Eigentlich wollte ich mit dem Rauchen anfangen, als ich acht Jahre alt war. Aber als ich in Stoltes Laden Zigaretten kaufen wollte, hat mir der alte Stolte nur eine geklebt, so dass ich jahrelang ersatzweise diese dicken Lakritzrauten lutschen musste, die bei uns Salmis hießen.“ – „Und wie bist du zu dem Heiligentitel gekommen?“ – „Hab ich meiner Oma zu verdanken.

Genauso wie das Denkmal. Nachdem ich meinem Opa am Sterbebett geschworen hatte, der Armut im Borstelmoor ein Ende zu machen, hat sie zuerst von ihrem Ersparten das Denkmal bauen lassen und dann dem Papst geschrieben, er möge doch bitte für meine baldige Heiligsprechung sorgen. Seitdem hieß ich Sankt Salmi.“ – „Hast du nicht immer gesagt, sie nannten dich Robin Hood?“ – „Tja …“

Inzwischen war Little Big Horst mit einem kleinen Jungen zurückgekehrt. „Das ist Sankt Salmi?!“, kicherte der Knirps. „Jetzt lauf!“, sagte Horst, und der Knirps sauste vorbei. Wir gingen weiter. Wieder rannte der Kleine an uns vorbei, nun hatte er ein paar Papiere unter dem Arm.

Wir erreichten das Denkmal. „Donner!“, hauchte ich. Theo erbleichte. Von dem Denkmal waren nur noch Trümmer übrig, und der Sockel war mit Graffiti besprüht, die mit „Arschlo“ anfingen oder „istkerl“ aufhörten. Raimund pfiff leise. „Ich hatte mich schon gewundert, warum die Begrüßung so verhalten ausgefallen ist. Man rechnet doch damit, dass bei der Rückkehr des verlorenen Sohnes alle aus den Häusern strömen und ihn mit Küssen überschütten.“

Abermals rannte der Junge vorbei. Er verlor eines der Blätter: „Bringt mir den Kopf von Sankt Salmi!“, las ich: „Gez. Lu.“ Wir hörten Schritte. Vor uns stand eine ergraute, sehr schöne Frau. „Oha!“, stotterte Theo: „Lu! Du siehst …“ – „Ich habe auf dich gewartet, Theo“, unterbrach sie ihn: „32 Jahre lang.“ – „Genauso wie wir“, hörten wir den dicken Horst. Hinter uns standen mit Forken und Sensen bewaffnete Männer, und später, als wir es irgendwie zum Auto geschafft hatten und die Landstraße hinunterschossen, sagte Theo, er hätte nicht gedacht, dass Lu und seine Kumpels immer noch sauer wären, dass er damals bei Nacht und Nebel verschwunden sei, als sie ihn an seinem 17. Geburtstag aufforderten, endlich sein Gelübde zu erfüllen, die Tresore der Viehbarone leerzuräumen, der Armut der Leute vom Borstelmoor ein Ende zu machen und sich den Rest seines Lebens vor den Häschern des Sheriffs von Nottingham zu verstecken.

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