Die Wahrheit: April, April
Schwabinger Krawall: Der Hubsi hat gesagt, es sei ihm egal, was der Wetterbericht sage, weil jetzt Frühling sei, und da wolle er hinaus. Da schauen die Hasen besser aus ...
D er Hubsi hat gesagt, es sei ihm egal, was der Wetterbericht sage, weil jetzt Frühling sei, und da wolle er hinaus, weil bekanntermaßen die Hasen bei Sonnenschein besser ausschauen als nachts in den Kneipen, wo man dann nicht genau hinschaue und mit irgendwas aufwache, was man nicht mehr los werde, so wie der Bayern-Spieler damals mit dieser vorpommerischen Aldi-Verkäuferin.
Der Jackie hat aus dem Fenster geschaut und die Sonne gesehen, also sind sie zum Weißwurstfrühstück in die Brezn und haben beim Bier zwei nette Amerikanerinnen kennengelernt. Weil der Hubsi „auf Nummer sicher gehen“ wollte, haben sie beim Kiosk zehn Bier gekauft und sind mit der Tüte und den Amihasen in den Englischen Garten, wo es so eiskalt war, dass sich der Jackie vor Schlottern Bier in den Kragen geschüttet hat, wovon ihm noch kälter geworden ist. Wie sie am Chinesischen Turm angekommen sind, war der Himmel bedeckt, aber der Hubsi hat gesagt, das ziehe gleich weg, und hat vier Maß geholt und den Kerl am Zapfhahn ignoriert, der gesagt hat, er sei ja ein sauberer Optimist.
Bei der zweiten Maß hat es zum Tröpfeln angefangen, und der Hubsi hat gesagt, dass das nur ein bisschen auffrischt. Dann ist ein Sturm losgegangen, und fünf Minuten später hat es geschneit. Nachdem sie eine halbe Stunde unter dem Turm gestanden sind, hat der Jackie versucht, ein Bier aufzumachen, aber da waren seine Finger so erfroren, dass ihm die Flasche aus der Hand gefallen ist. Der Hubsi hat gesagt, dass er ein Volldepp sei, und der Jackie hat gesagt, er solle ihn am Arsch lecken mit seinem Frühling, und die eine Amerikanerin hat geheult, und die andere Amerikanerin hat den Hubsi als „fucking bastard“ und „german asshole“ bezeichnet.
Dann ist es dunkel geworden und hat in Strömen geregnet, die Amerikanerinnen haben abwechselnd geweint und geschimpft und sind, wie der Regen etwas nachgelassen hat, sofort davongerannt. Der Jackie und der Hubsi haben beschlossen, dass der Tag im Eimer ist, und sind auch losgegangen, Richtung Schwabing. Nach zehn Metern waren sie bis auf die Haut nass, und obwohl der Jackie noch gedacht hat, seit wann an der Leopoldstraße ein Berg ist, haben sie erst in Unterföhring gemerkt, dass sie in die falsche Richtung gegangen sind.
Um vier Uhr früh sind sie schließlich wieder in Schwabing angekommen, und dass sie dann, weil alle Läden schon zu waren, sich am Wedekindplatz hingesetzt und schlotternd die restlichen zwei Bier getrunken haben, war auch nicht die beste Idee, vor allem weil dem Jackie dabei der Hausschlüssel in den Brunnen gefallen ist, was er erst daheim gemerkt und vor Verzweiflung auf dem Fußabstreifer geschlafen hat, bis um neun die Jacqueline ins Büro gehen wollte und über ihn drübergestolpert ist. Jedenfalls hat er, wie der Ferrari-Schorsch angerufen hat, ob er zu der Fete in der Model-Agentur komme, vor lauter Katarrh nicht reden können und deshalb einfach auf- und sich wieder hingelegt und in seinem Fieber auf Amerikanisch vom Frühling geträumt.
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