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Die WahrheitBrandgeiles Paradies

Schadensfrei durch die Sommersaison 2012. Leichtfertig stürzen sich viele Bundesbürger in die schwüle Sommerluft. Die Wahrheit klärt mit praktischen Servicetipps auf:

Heiter und unbeschwert wird die Sommersaison, wenn man sich an ein paar grundlegende Regeln hält. Bild: ap

Der Sommer steht vor der Tür. Leichtfertig stürzen sich viele Bundesbürger ob dieser frohen Botschaft Hals über Kopf in die schwüle Sommerluft – ohne sich der lauernden Gefahren bewusst zu sein. Die Wahrheit klärt mit praktischen Servicetipps auf:

Pollen

Wer nach dem Sommerspaziergang von Kopf bis Fuß mit Blütenstaub bedeckt nach Hause taumelt, wurde Opfer sogenannter Spontanbestäubungen aggressiver Blumenarten. Schuld ist – mal wieder – der Klimawandel. Hitze macht aggressiv, das wissen nicht nur Klimaforscher und Hobbybotaniker.

In solchen Fällen ist es wichtig, Ruhe zu bewahren. Während das Abduschen mit kaltem Wasser die Pollen nur tiefer in die Hautporen spült und allergische Schocks auslösen kann, empfiehlt sich der Rückgriff auf Jahrtausende alte Prozesse von Mutter Natur. Wer sich mit einem Esslöffel Honig in der Hand besonnen in den Garten stellt, wird schnell durch fleißige Bienenvölkern von seiner lästigen Staublast befreit.

Radfahren

„Mit dem Radfahren ist es wie mit dem Schwimmen, man verlernt es nicht“, so lautet eine beliebte Volksweisheit. Doch weit gefehlt! Die von Verkehrsminister Peter Ramsauer kritisierten „Kampfradler“ sind meist nur aus der Übung geratene Hobbyradfahrer. Nach der langen Winterpause muss sich die Körpermotorik erst wieder langsam an die komplexen Abläufe des Fahrradfahrens gewöhnen.

Un- und Umfälle, Verhedderungen von Körperteilen in Kette und Speichen und spontane Spurwechsel sind typische Symptome längerer Auszeiten. Trockenübungen im trauten Heim (auf dem Rücken mit angezogenen Beinen) und das Montieren von Stützrädern sorgen für einen katastrophenfreien Start in die Radsaison.

Dabei erhöhen zusätzliche Bleigewichte in den Fahrradtaschen den Anpressdruck und sorgen für mehr Stabilität. Aber Vorsicht! Seit Januar diesen Jahres hat Peter Ramsauer alle Fahrradfahrer zum Abschuss freigegeben. Notfalls bewaffnen!

Grillen

Eine beliebte Outdoor-Aktivität mit hoher Mortalitätsrate. Achtung: Wer als Grillanzünder den Fünf-Liter-Benzinkanister des Rasenmähers verwendet, setzt schnell die ganze Kleingartenanlage in Brand. Um optimale Sicherheit für die ganze Familie zu garantieren, sollte ein drei Meter tiefer und zwei Meter breiter Graben um den Grill herum ausgehoben werden. So wird nicht nur ein Übergreifen des Feuers verhindert, sondern auch die lästige Teilnahme hungriger Nachbarn erfolgreich abgewehrt.

Tierwelt

Für frei lebende Tierarten ist der Sommer ein besonderer Freude – nicht ohne Gefahren für unkundige menschliche Ausflügler. Berauscht von vergärtem Fallobst, ziehen marodierende Rotwildbanden durch die Sommerlandschaft und belästigen ahnungslose Spaziergänger. Nicht selten erbetteln sie das sorgsam zusammengestellte Picknick-Buffet, und jeder Förster weiß, was dann geschieht: „Besoffen zieht das Reh von dannen und erbricht sich in den Tannen.“ Lehnen Sie unter allen Umständen die Herausgabe von Alkoholika ab – selbst wenn es nur der letzte Schluck aus der Bierdose ist! Wasser und Kopfschmerztabletten werden hingegen von führenden Tierschützern als absolut unbedenklich eingestuft.

Badeseen

Sommerzeit ist Badezeit! Leider wissen das auch ihre lieben Mitmenschen. Sobald die Temperaturen es erlauben, werden die Baggerseen von Menschenmassen belagert wie der Discounter bei Sonderangeboten. Auch die Klientel ist ähnlich. Wer früh aufsteht und sich rechtzeitig ein Plätzchen am Wasser reserviert, wird im Laufe des Tages von adipös-schwitzenden Großfamilien umzingelt, sodass nur rohe körperliche Gewalt einen Zugang zum kühlen Nass ermöglicht.

Abhilfe schafft der Benzinkanister, den Sie sich beim Grillen aufgespart haben. Die Brandrodung an vormals durch Wildwuchs unzugänglichen Stellen des Sees, schafft ein ganz privates Badeparadies. Der stechende Brandgeruch wird jede unliebsame Konkurrenz auf Distanz halten.

Sommerpartys

An lauen Abenden mit guten Freunden zusammen feiern, davon träumt jeder zweite Bundesbürger. Doch so manchem mangelt es an Platz im Garten, anderen gar an Freunden. Auch sprengt die finanzielle Realisierung solch eines Sommerfests schnell die Haushaltskasse. Zum Glück gibt es das Internet! Hier findet nicht nur der überzeugteste Soziopath Anschluss, nein, mit ein paar Klicks auf Facebook sind schnell alle Freunde und Freundesfreunde unbürokratisch zur großen Sause eingeladen.

Wo die stattfindet? Na, beim Nachbarn mit dem riesigen Pool und dem gepflegten Rosengarten! Wozu hat der Mann denn auch den gut gefüllten Weinkeller? Der partywütige Flashmob wird zum Sommertrend 2012! Und zertretene Rabatten, demolierte Gartenmöbel sowie herumliegende Schnapsleichen sind nun wirklich nicht Ihr Problem!

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