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Die WahrheitKrisenpartys

Kolumne
von Michael Sailer

Schwabinger Krawall: Der Hubsi hat gesagt, zurzeit sei es schwierig mit den Festen, weil sich die Szenepeople nicht mehr feiern trauten ...

D er Hubsi hat gesagt, zurzeit sei es schwierig mit den Festen, weil sich die Szenepeople nicht mehr feiern trauten, um nicht die Leute vom Rettungspaket misstrauisch zu machen, und deswegen alle auf die Malediven abgedampft seien. Immerhin wisse er eine Bankrottparty in der Praxis einer Geistheilerin, ein Untergangsfest in einer pleitegegangenen Galerie und die Abwracksause einer Pasinger Vermögensverwaltung sowie ein paar Geburtstage von ehemaligen Börsennasen.

Auf dem Geistheilerinnenfest hat der Jackie die schweizerische Verlobte vom Ferrari-Schorsch getroffen, die erzählt hat, dieser sei ein derartiger Depp, weil er seit Wochen den ganzen Tag überlege, ob er seinen alten Lamborghini lieber abwracken oder in der Schweiz verkaufen solle, wegen den Steuern, wozu er ihn aber erst hinfahren müsste, und ihr gehe das Gejammer so auf die Nerven, dass sie sich überlege, ob sie nicht gleich selber in die Schweiz zu dem Autohändler zurückgehen solle, den sie damals wegen ihm sitzengelassen habe, dem es aber inzwischen wirtschaftlich viel besser gehe als damals und der im Bett übrigens eine Granate sei, im Gegensatz zum Ferrari-Schorsch, mit dem seit der Krise gar nichts mehr laufe. Der Jackie hat gesagt, dass er davon nichts verstehe, und wo hier eigentlich das Buffet sei. Ein Buffet, hat sie gesagt, gebe es nirgends mehr, nur Chili und Guacamole und die Nummer von einem Pizzaservice.

In der Pleitegalerie hat sich der Jackie von einem Bildhauer erzählen lassen, dass es eine Abwrackprämie für alte Großskulpturen geben müsse, weil sonst in Krisenzeiten niemand mehr neue Großskulpturen kaufe, dann war das Bier aus, also sind sie mit dem Taxi zu der Vermögensverwaltung, haben zum Fahrer gesagt, er solle am besten warten, sind nach einem kurzen Gespräch über den Selbstmord eines ehemaligen Börsenmaklers wegen der Hypo Real Estate mit vier Bier und einer Schüssel Guacamole geflüchtet und nach drei Kurzabstechern in irgendwelche Wohnungen, wo sie jeweils eine Schüssel Chili gegessen und ein Bier getrunken haben, in Gern beim Geburtstag einer arbeitslosen Schauspielerin gelandet, die geklagt hat, der Mutterkonzern ihrer Filmproduktionsfirma habe seine deutsche Dependance verpfändet, um unter den US-Rettungsschirm zu kommen, weswegen sie keine anständigen Hauptrollen mehr kriege und sich nicht mal mehr ein vernünftiges Kaviarbuffet leisten könne.

Der Jackie hat ihr aus Mitleid die halbvolle Schüssel Guacamole geschenkt, dann den Hubsi nicht mehr gefunden und vor Verzweiflung in das Menschengewimmel und Gebrabbel über Krise hineingebrüllt, dass ihm augenblicklich jemand ein Taxi rufen solle, weil er sonst alles zusammenschlagen werde.

Von dem Geschrei ist er aufgewacht und hat verwundert festgestellt, dass er daheim vor dem laufenden Fernseher liegt. Noch verwunderter war er, wie er beim Aufstehen in eine halbvolle Schüssel Guacamole gestiegen ist, hat dann aber beschlossen, nicht mehr drüber nachzudenken, das Zeug ins Klo geschüttet und sich ins Bett gelegt.

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3 Kommentare

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  • M
    Michael
  • A
    Anna

    falsch eingeschätzt: je dramatische die Krise, desto bessere Geschäfte macht die Finanzbranche - und entsprechend auch die Parties...

  • P
    peripatus

    Hat sich da in München weitgehend unbemerkt vom Umland eine Party- und Trinkkultur entwickelt in der man ein Zeugs namens Guacamole aus Schüsseln (und zwar aus halbvollen !) schlabbert, schlürft, trinkt oder gar isst? Oder will uns der Autor nur zeigen, wie mega-in er selbst und wie mega-out der Rest der Welt ist, der dieses Wort noch nie gehört hat?