Die Vorschau: Kompositionen kinderreicher Kirchenmusiker
■ Beim letzten Konzert der Reihe „Festmusik der Hansestädte“ schweifen die VeranstalterInnen gen Osten
Nach Bremen und Lüneburg, nach Brügge und Antwerpen, nach Hamburg und Lübeck steht jetzt Musik aus Stralsund, Stettin, Danzig und Königsberg auf dem Programm: Zu hören ist sie im fünften und letzten Konzert der Reihe „Festmusik der Hansestädte“, die das Ensemble „Weser-Renaissance“ mit wachsendem Publikumserfolg veranstaltet hat. Doch während Komponisten wie Franz Tunder und Dietrich Buxtehude (Lübeck), Michael Praetorius aus Braunschweig und besonders Jacob Obrecht und Orlando di Lasso aus Brügge und Antwerpen durchaus in die Annalen der großen Musikgeschichte eingegangen sind, sind die Komponisten des „Mare Balticum“ – aus Danzig, Stralsund, Stettin und Königsberg – heute nicht mehr bekannt. Ich jedenfalls kenne Andreas Hakenberger, Heinrich Albert und Johann Stobaeus nicht.
Umso gespannter kann man auf die Einflüsse sein, die diese Komponisten gehabt haben und unter denen sie standen: zum Beispiel der der venezianischen Mehrchörigkeit auf Nicolaus Zangius und Andreas Hakenberger, den Organisten der Danziger Marienkirche. Oder auch den des franko-flämischen Stiles, den viele Sänger und Instrumentalisten gelernt hatten.
Noch deutlicher aber wird in einem solchen Konzert die Funktionalität der Musik: Man kann auch sagen, es handelt sich keineswegs um wie auch immer geartete „Werke“, sondern um Gelegenheitskompositionen. Gelegenheitskompositionen, die den schmalen Geldsäckel der oft kinderreichen Kirchenmusiker auffüllen mussten. So schrieben sie Musik für Hochzeiten, Jubiläen, Trauerfeiern und andere Anlässe. Sie sind zum großen Teil nur in Handschriften oder alten Drucken erhalten und dann auch nur in Stimmen.
Der Leiter der „Festmusik“-Reihe, Manfred Cordes, und seine HelferInnen mussten aus den Stimmen erst einmal Partituren herstellen, um die Musik überhaupt nur beurteilen zu können. Das sind Vorgänge, die man heute leicht vergisst, wenn man in einem Konzert sitzt. Neben sechs SängerInnen werden Violinen, Zinken, Dulciane, Posaunen, Viola da gamba, Chitarrone und Harfe zu hören sein. usl
Freitag, 18. August, um 20 Uhr in der oberen Halle des Bremer Rathauses: „Festmusik der Hansestädte“, letzter Abend mit dem Titel „Mare Balticum“ und Musik aus Danzig, Stralsund, Stettin und Königsberg. Es spielt das Ensemble „Weser-Renaissance“ unter der Leitung von Manfred Cordes.
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