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„Die Leute kommen gelöst und entspannt aus dem Kino - sie wissen, Gott wird Rushdie strafen“

■ Mohammad Fayyaz hat die Weltrechte am Vertrieb des pakistanischen Kassenschlagers „International Guerillas“ Er besitzt in London einen Video-Verleih und bedient die muslemische Gemeinde in Großbritannien

INTERVIEW

taz: Herr Fayyaz, was sagen Sie zu dem Verbot des Filmes? Hat Sie die Entscheidung der Kommission für Filmzensur nicht überrascht?

Mohammad Fayyaz: Ja, allerdings, damit haben wir nicht gerechnet. Der Film hätte niemals verboten werden dürfen. Normalerweise verbietet die britische Kommission für Filmzensur Filme aufgrund von Gewaltszenen oder wegen pornographischen Inhalts. Die Kommission hat jedoch bei unserem Film keine einzige Stelle aus diesem Grund moniert. In der Begründung heißt es, daß möglicherweise Persönlichkeitsrechte von Salman Rushdie verletzt würden.

Aber Rushdie hat sich doch selbst gegen das Verbot ausgesprochen.

Genau. Das hat uns überrascht. Außerdem hat Rushdie bekanntgegeben, daß er keine Privatklage wegen Verletzung seiner Persönlichkeitsrechte einreichen werde. Von daher gibt es keinen Grund, den Film zu verbieten.

Und wenn man die Stellen, in denen allzu deutliche Hinweise auf Rushdie enthalten sind, schneiden würde, um damit das Verbot auszuhebeln?

Erstens ist nie von den Satanischen Versen die Rede, und auch die Hauptfigur heißt anders. Aber wenn man Ihre Frage zu Ende denkt, hieße das, alle Szenen, in denen der Hauptdarsteller vorkommt, herauszuschneiden. Dann bleibt vom Film nichts übrig.

Werden Sie Berufung gegen die Entscheidung der Kommission einlegen?

Die Kommission für Filmzensur hat bereits bei uns angerufen und sich nach unseren weiteren Schritten erkundigt. Wir werden heute nachmittag Berufung einlegen. Uns wurde versprochen, daß darüber in den nächsten Tagen entschieden wird.

Wer steckt Ihrer Meinung nach hinter dem Verbot des Videos?

Die Kommission hat auf Anweisung des Innenministeriums gehandelt. Alleine hätte sie nie so entschieden.

Haben Sie schon Kontakte zu Fernsehanstalten aufgenommen, um den Film zu verbreiten?

Wir haben mit „Channel 4“ (relativ kritischer, unabhängiger Privatsender, d. Red.) bereits verhandelt, aber wir sind bisher zu keinem konkreten Ergebnis gekommen.

Wird das Verbot des Films nicht gerade seine Publicity erhöhen?

In Bradford werden bereits Raubkopien für 100-200 Pfund (etwa 300-600 DM) angeboten und finden reißenden Absatz. Falls der Film jedoch wie geplant für 20 Pfund pro Kopie verkauft werden dürfte, könnten wir Tausende von Video -Kopien absetzen.

In Pakistan ist der Film ein absoluter Kassenschlager. Mehrere Millionen sollen ihn sich schon angesehen haben. Wie erklären Sie sich diesen Erfolg?

Ich weiß, daß viele Menschen sich den Film nicht nur einmal ansehen, sondern immer wieder. Die Leute werden durch den Film aber keineswegs zur Gewalt angestachelt. Sie kommen gelöst und entspannt aus dem Kino.

Aber der Film nimmt für Rushdie doch keinerlei gutes Ende. Das ganze Stück ist doch eher gewalttätig.

Ja, aber die Leute haben eine andere Einstellung. Für sie hat der Film eher dokumentarischen Charakter. Daß Rushdie irgendwann von Gott bestraft wird, ist für sie so sicher wie der Blitz, der im Film den blasphemischen Dichter trifft.

Interview: Ralf Sotscheck

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