Die Konjunktur in den USA bleibt schwach: Schuldenkrise nicht nur in Griechenland
An den Börsen herrscht Verunsicherung. Neben der Eurokrise treiben die Wirtschaftsprobleme der USA die Anleger um. Die Konjunktur will nicht anspringen.
BERLIN taz | Eben noch hatten die Nachrichtenagenturen Jubelmeldungen über die gute Stimmung an den US-Börsen, über steigende Kurse von Tokio bis Frankfurt gefunkt. Tags darauf dann der Aufschrei, der US-Aktienindex Dow Jones sei schon wieder auf den tiefsten Stand seit März gefallen.
Die Investorengemeinde ist offenkundig verunsichert – und das zu Recht. Gerade hat die US-Finanzaufsicht vor einem möglichen Crash in Europa gewarnt, und auch aus den USA kommt eine Hiobsbotschaft nach der anderen.
Auf die Eurokrise haben sich Börsianer dabei offenbar schon eingestellt. Nach der erneuten Herabstufung griechischer Staatsanleihen durch die Ratingagentur Standard & Poors Anfang der Woche stieg der Deutsche Aktienindex DAX ungerührt um 1,7 Prozent. Auch die jetzige Warnung aus den USA löste keinen Kurseinbruch aus. Investoren rechnen anscheinend mehrheitlich damit, dass die EU die Griechen schon irgendwie retten wird und so eine neue Finanzkrise verhindert.
Nicht ganz so schlechte News sind gute News
Mit umso mehr Spannung werden an den Börsen die Konjunkturdaten aus den USA verfolgt. Hier gelten inzwischen schon Nachrichten, die weniger schlecht als erwartet ausfallen, als gute Nachrichten, die ein kleines Kursfeuerwerk entfachen können. So zum Beispiel vor ein paar Tagen die Meldung, dass die Einzelhändler im Mai zwar rückläufige Umsätze verzeichneten – dass der Rückgang aber nicht ganz so stark wie die Analystenprognosen ausfiel. Schlimmer als erwartet brach hingegen der Industrie-Index im Staat New York ein, der als wichtiger Frühindikator für das ganze Land gilt.
Solche Meldungen sind Ausdruck einer anhaltenden Malaise der US-Wirtschaft, aus der sich ähnlich schwer ein Ausweg finden lassen wird wie aus der Griechenlandkrise. Der Aufschwung nach der Finanzkrise will sich einfach nicht selbst tragen. Das belegt nicht zuletzt die weiterhin ungewohnt hohe Arbeitslosigkeit in den USA.
Zu mehr als zwei Dritteln ist die Wirtschaft des Landes vom privaten Konsum abhängig. Dieser Konjunkturmotor funktionierte so lange prächtig, wie die US-Verbraucher bereit waren, sich für immer neue Anschaffungen immer weiter zu verschulden. Diese Motor läuft nicht mehr rund, seit die Immobilienblase platzte und sich die amerikanischen Privathaushalte nicht mehr auf die Wertsteigerung ihres Hauses als Polster verlassen können. Unerwartet schnell bauen sie ihre Schulden ab. Langfristig stabilisiert das die Wirtschaft, aber auf kurze Sicht schwächt es die Nachfrage.
Der Staat ist überschuldet
In der Finanzkrise sprang der Staat noch in die Bresche und pumpte Geld in die Wirtschaft. Aber damit ist es jetzt vorbei, denn auch er ist überschuldet. Anfang August erreicht die Regierung das vorgegebene Schuldenlimit. Sollte der Kongress keine zusätzliche Schuldenaufnahme bewilligen, können selbst laufende Ausgaben nicht mehr gedeckt werden.
Auch unabhängig von diesem aktuellen Konflikt ist der Schuldenstand der USA besorgniserregend. Er entspricht inzwischen laut Schätzungen des Internationalen Währungsfonds (IWF) rund 100 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, Tendenz steigend. Und darin sind die Schulden der staatlichen Sozialversicherungsprogramme noch nicht enthalten. Inzwischen stellten die großen Ratingagenturen auch die Kreditwürdigkeit der USA in Zweifel und drohten mit Herabstufung. Der einflussreiche Investmentfondsmanager Bill Gross schrieb unlängst, seine Firma stoße US-Staatsanleihen ab, denn die hätten angesichts des gigantischen Schuldenbergs "nur noch einen geringen Wert". Ohne Lösung für das Schuldenproblem drohten Inflation und Dollar-Abwertung, und angesichts dieser Risiken sei die Verzinsung zu mager. Auch die Investorenlegende Warren Buffet riet von US-Staatsanleihen ab. Griechenland lässt grüßen.
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