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Archiv-Artikel

Die Grenzgängerin

TEX-MEX Als weibliches Pendant zu Manu Chao galt Amparo Sánchez lange Jahre. Auf ihrem neuen Album „Tucson – Habana“ präsentiert sich die Sängerin aus Andalusien mit ruhigeren Tex-Mex-Balladen

Das Ambiente der Wüstenstadt Tucson schlägt sich auf der neuen Platte nieder

VON KNUT HENKEL

La Realidad heißt eines der beiden zapatistischen Dörfer in Chiapas, die Amparo Sánchez besucht und dem sie „Corazón de la Realidad“ gewidmet hat. Ein Besuch, der die andalusische Sängerin geprägt hat, denn in den abgelegenen Dörfern im lakandonischen Regenwald Mexikos, nahe der Grenze zu Guatemala, ticken die Uhren anders. Entscheidungen über die wirtschaftliche, die politische und die kulturelle Zukunft werden basisdemokratisch getroffen – jede und jeder hat eine Stimme, erläutert die 41-jährige Sängerin die alternativen Gemeinde-Strukturen.Von denen hält sie eine ganze Menge, denn immer wieder hat sich die in Barcelona lebende Musikerin in Lateinamerika umgeschaut, den Horizont erweitert, sich solidarisiert.

Nicht nur mit den Zapatisten sondern auch mit den abertausenden Migranten, die Jahr für Jahr in Mittelamerika oder Mexiko starten, um ihr Glück in den USA zu versuchen und oft schon vor der Grenze scheitern. In Tucson, auf der US-Seite der Grenze mit Mexiko hat sie rund die Hälfte ihres neuen Albums aufgenommen. Und war überrascht wie mexikanisch der US-amerikanische Süden ist. Kaum einen Unterschied konnte sie feststellen, denn Rancheras, Corridas und Mariachis schallen einem auch hier aus den Bars und Restaurants entgegen.

Das Ambiente der trockenen Wüstenstadt hat sich auf „Tucson – Habana“, der neuen Platte, niedergeschlagen. Melancholische Balladen wie „Sé que no sé“, die von spärlichen Gitarrenriffs, eindringlichen Trompetensoli, wohldosiertem Schlagzeug und der vollen, manchmal rauen Stimme Amparo Sánchez’ geprägt sind.

Maßgeblich mitverantwortlich für den minimalistischen Tex-Mex-Sound, der so gut zur ehemaligen Mestizo-Queen passt, sind die beiden „Calexico“-Gründer Joey Burns und John Convertino. Gleichfalls professionelle Grenzgänger, die der frontera, der Grenze zu Mexiko, unzählige Stücke gewidmet haben. Folgerichtig haben sich „magische Elemente“ ergeben. „Gerade weil die beiden mit wenigen Akkorden so viel ausdrücken können“, so Amparo Sánchez. Optimale Voraussetzungen für die Häutung einer Sängerin, die sich mit dem neuen Album quasi neu erfunden hat.

■ So, 18. 4., 21 Uhr, Fabrik, Barnerstraße 26