piwik no script img

■ Die Genfer Verhandlungen mußten scheiternVance und Owen: Zurücktreten!

Wer noch Hoffnungen in den Verhandlungsprozeß von London bis Genf legte, ist jetzt eines Besseren belehrt. Die kaum glaublichen Ausrutscher der Medienberichterstattung der letzten Tage, in der manche Presseagenturen und auch die „Tagesschau“ den serbischen Verhandlern noch Rationalität unterstellten, belegen zwar den aufrichtigen Wunsch, endlich eine politische Lösung zu finden und dem Gemetzel ein Ende zu setzen. Doch mit der Realität der politischen Handlungszwänge hatte dieses Wunschbild nichts zu tun. Einzig die kroatische Seite kann mit dem Vance- und-Owen-Plan zufrieden sein. Die für sie reservierten „autonomen Provinzen“ decken sich mit den Forderungen der kroatischen Nationalisten der Westherzegowina. Doch weder für die serbische Seite noch für die bosnische Regierung ist der Plan akzeptabel.

Der „Optimismus“, den Karadžić und auch Milošević auszustrahlen versuchten, ist der seit Monaten zu beobachtenden (geschickten) Taktik geschuldet, so viel an Verhandlungsbereitschaft zu signalisieren, wie nötig ist, um den Verhandlungsprozeß aufrechtzuerhalten: um Zeit zu gewinnen, die eroberten Gebiete abzusichern und die Rufe nach einer militärischen Intervention zu unterlaufen. Auch die von manchen Medien willfährig aufgenommene Aussage Miloševićs, er würde den Owen-Plan akzeptieren, dient, selbst nachdem Karadžić die Verhandlungen offen scheitern ließ, der Verzögerung. In Wirklichkeit jedoch ziehen beide Politiker an einem Strang. Sie sind gebunden an die eindeutigen Vorgaben des serbisch- bosnischen „Parlaments“ sowie der rechtsradikalen Kräfte in Serbien. Nicht einmal sie wären zu Hause sicher, verrieten sie das Ziel, für das soviel Blut vergossen ist: Die Formierung des großserbischen Staates verträgt sich nicht mit der von Vance und Owen angestrebten Kompromißformel, wonach die „autonomen Regionen“ sich der Außenpolitik der bosnischen Zentralregierung fügen müßten.

Nichts wäre in dieser Situation verhängnisvoller, als das Insistieren der bosnisch-muslimanischen Seite auf dem Einheitsstaat für das Scheitern der Verhandlungen mitverantwortlich zu machen. Immerhin werden von bosnischer Seite universale Interessen Europas mitvertreten, weil sie die Politik der Vertreibungen und der Massenmorde nicht legitimiert sehen möchte. Eine der großen Schwächen des Vance-und- Owen-Plans liegt gerade darin, daß er gerade bei diesem Punkt undeutlich blieb. Da beide Diplomaten bei der Suche nach einem Kompromiß die serbische Seite de facto stützten, indem sie ihr immer wieder einen Zeitgewinn verschafften, bleibt ihnen nur der Rücktritt. Das Leiden der bosnischen Bevölkerung zu beenden, bedarf einer klareren Politik. Da der Krieg mit voller Härte fortgeführt wird, ist der Weltsicherheitsrat jetzt aufgerufen, zu eindeutigen Entscheidungen zu kommen. Erich Rathfelder

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen