: Die Empörung galt der Vortragsform
■ betr.: "Melancholisch verkrustet", taz vom 3.3.93
betr.: „Melancholisch verkrustet“ (Ungebildete und anonyme Leichenschänder stritten auf dem 3. internationalen Arnold-Schönberg-Kongreß in Duisburg wider das Versiegeln mit Blattgold),
taz vom 3.3.93
[...] Gegenstand der Kritik an dem Vortrag Norbert Linkes (Duisburg) war nicht die Empörung der Musikwissenschaftler über die heutige Komponistengeneration, die Schönbergs kompositorisches Denken offensichtlich nicht mehr für sich als verbindlich ansieht. Die Empörung von allen Seiten galt der Vortragsform. Die Vorwürfe galten Linkes unmethodischer und unsystematischer Auswertung einer Umfrage: „Die Nachwirkung Schönbergs in der Gegenwart“. Weder waren im einzelnen die Fragen ersichtlich, zu denen die Antworten in einem reichen Fundus von nicht immer gekennzeichneten Zitaten durcheinanderpurzelten, noch war immer klar, wann der Autor, wann die Befragten zu Wort kamen. Kritisiert wurde nicht nur die manchmal mangelnde Distanz zum Untersuchungsgegenstand, sondern auch Linkes Plädoyer, die befragten Komponisten anonym zu halten. Dies Verfahren muß dort an Grenzen stoßen, wo mit dem „Artgenossen Mahler“ argumentiert wird. Solche polemischen und rassistischen Äußerungen können nicht ohne den Namen ihres Urhebers in einer sich „soziologisch“ gebenden, aber nicht „soziologisch“ durchgeführten Untersuchung erscheinen.
Also nichts von einem Forschungszirkel, der das Denkmal „Schönberg mit Blattgold zu versiegeln sucht“, und auch keine mit der „aggressiven Emphase der Fünfziger“ ausgestattete und vor allem vergleichbare Stimmung! [...] Erika Bucholtz, Berlin
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