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Archiv-Artikel

Die Besitzer zweier SB-Hundewaschanlagen streiten sich darüber, wer die Marktlücke zuerst entdeckte Eintauchen in eine völlig fremde Welt

Chester ist wahrlich nicht begeistert. Die kleine Terriermischung beißt immer wieder nach dem Fön. Das an einem langen schwarzen Schlauch befindliche Gerät erinnert an die Staubsauger einer Autowaschanlage und macht einen Lärm, den auch Chesters wütendes Gekläff nicht übertönen kann. Als die Prozedur vorüber ist, zieht der Besitzer des Hundes eine Chipkarte aus dem Automaten an der Wand. Plötzlich startet ein noch lauteres Getöse, Wasser läuft die Wände der Metallwanne herunter, in der Chester sitzt. Erschrocken zerrt ihn sein Herrchen heraus, denn nach dem mühseligen Fönen soll der schwarzweiße Hund nicht noch einmal nass werden.

„Es ist für uns beide das erste Mal“, sagt Max Handschumacher, als er es geschafft hat, die Maschine zu stoppen und der Höllenlärm verstummt. Lachend ergänzt er: „Ich bin zufrieden, dass er da lebend wieder raus ist.“ Auch sein Hund ist sichtbar froh, wieder festen Boden unter den Pfoten zu haben. Das Fell strahlt indes so weiß, wie die T-Shirts in einer Waschmittelreklame.

Vor kurzem hat „Washdog“ eröffnet. Die Selbstbedienungswaschanlage für Hunde in der Bornholmer Straße in Prenzlauer Berg ist 365 Tage im Jahr rund um die Uhr geöffnet. Das Konzept hat der Besitzer Andrea Gaudenzi aus Italien importiert. Ein Freund von ihm hat dort 2001 den ersten „Washdog“-Salon eröffnet. Inzwischen betreiben Franchise-Nehmer mehr als 30 Filialen. „Wer einen Hund hat, weiß, was es bedeutet, ihn zu waschen“, sagt Gaudenzi. „Das ist ein regelrechter Krieg.“

„Wenn ick dit zu Hause mache, muss ick danach immer dit janze Bad waschen“, bestätigt Frau Lehmann. Sie lässt sich gerade die Funktionsweise erklären. „Toll, toll“ oder „jut, jut“ kommentiert sie gelegentlich. Begeistert nimmt Lehmann gleich eine Chipkarte mit: „Für Witney – wie Witney Houston“. Einmalig fünf Euro muss man dafür bezahlen. Dann kann man sie aufladen und in der Anlage jederzeit waschen, shampoonieren, absaugen und fönen. Bezahlt wird immer nur die Zeit, in der die jeweiligen Programme genutzt werden. „Man muss nicht schnell machen und hat keine Hektik“, erklärt Gaudenzi.

Bei der Konkurrenz von „Dogwash“ dagegen bezahlt man pauschal für fünf Minuten. Ist der Hund dann noch nass, muss man einen neuen Chip einwerfen. Bereits im März hat dieses Hundewaschcenter in Mahlsdorf eröffnet. Nun streiten beide darum, wer zuerst die Idee hatte. „Erster SB-Hundewaschsalon in Berlin“, wirbt der Italiener auf seiner Website. „Ich war der Erste“, sagt auch Torsten Schmidt von „Dogwash“. Im Unterschied zum Center im Prenzlauer Berg sind dort die Öffnungszeiten begrenzt. Dafür ist Schmidt immer dabei und hilft auch bei der Wäsche, wenn es nötig ist. Also kein reiner SB-Service? So sieht es Gaudenzi und betont: „Ich bin auf jeden Fall das erste 24-Stunden-Waschcenter.“

Die „Dogwash“-Maschinen produziert wiederum ein britischer Hersteller von Autowaschanlagen. Doch der eigentliche Erfinder ist weder „Dogwash“ noch „Washdog“, denn in den USA gibt es noch viel ältere Hundewaschanlagen.

Solche Streitigkeiten sind den traditionellen Hundefriseuren egal. Doch sie fürchten angesichts der Billigkonkurrenz trotzdem ums Geschäft. „Begeistert bin ich natürlich nicht“, sagt Antje Amling. Seit 16 Jahren betreibt sie „Benji’s Hundesalon“, genau um die Ecke vom neuen „Washdog“-Center. Probleme könnte Amling bekommen, wenn dort demnächst ein weiterer Service angeboten wird, der sie in ihrem Kerngeschäft angreift: ein Hundefriseur. Amling will aber erst einmal abwarten und vertraut auf ihre Stammkunden.

Zu denen zählt auch Max Handschumacher. Er will seinem Hundesalon die Treue halten, schätzt das neue Center jedoch als preiswerte Ergänzung. „Ich habe knapp sechs Euro verbraten“, sagt Handschumacher. Doch da er jetzt wisse, wie es geht, komme er das nächste Mal bestimmt mit drei Euro aus, ist sich der pensionierte Wirtschaftsingenieur sicher. Einmal pro Monat muss er seinen Hund waschen, mindestens. „Er wälzt sich gern auf der Wiese, und wenn da gerade ein schöner Haufen ist, stinkt der natürlich“, sagt Handschumacher. Daher findet der Rentner das neue Angebot sehr praktisch: „Der wird jetzt hier wohl öfter durchgezogen.“

Auch wenn die Waschcenter mit der Förderung der Hygiene werben, warnen Tierschützer vor übertriebenem Sauberkeitswahn. „Wir sind über diese Center nicht begeistert“, sagt Evamarie Stiekele vom Deutschen Tierschutzbund. Die Sprecherin des Berliner Landesverbandes sieht die Gefahr, dass damit die Waschgänge überhand nehmen. „Grundsätzlich soll ein Hund gar nicht gewaschen werden, denn die Selbstreinigung funktioniert eigentlich“, sagt Stiekele. Man solle höchstens einmal pro Monat nachhelfen, am Besten nur mit Wasser und Bürste. Oliver Voss

Weitere Informationen:www.washdog.de undwww.dogwash-berlin.de