■ Die Anderen: "Neue Westfälische" zu Claudia Noltes' Vorstoß zum Abtreibungsrecht / "Frankfurter Allgemeine Zeitung" zur Prognose der Arbeitslosenzahlen / "Berliner Zeitung" zur Erklärung des Berliner Justizsenators
Die Bielefelder „Neue Westfälische“ befaßt sich mit Claudia Noltes Vorstoß zum Abtreibungsrecht: Fast das ganze Jahr lang haben wir von Familienministerin Nolte nichts gehört, und jetzt wissen wir: Das war gut so. Denn mit ihrer Kritik am geltenden Abtreibungsrecht zettelte sie wieder eine Debatte an, die längst abgeschlossen ist. Frau Nolte hat von der schwierigen Situation über die Rechte der Frauen auf Selbstbestimmung und die Rechte des ungeborenen Kindes auf Leben nichts kapiert, wenn sie unverändert glaubt, mit schärferen Gesetzen und höheren Strafandrohungen die Zahl der Abbrüche senken zu können. Frauen haben sich davon nicht abhalten lassen, als Abtreibung mit der Todesstrafe bedroht war oder sie Gefahr liefen, in den Hinterzimmern von Engelmachern zu verbluten. Die Familienministerin sollte ihren ganzen Ehrgeiz daran setzen, aus Deutschland ein kinder- und familienfreundliches Land zu machen.
Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ äußert sich zur Prognose der Arbeitslosenzahlen: Die wechselkursbedingten Exporterfolge, aber auch neugewonnene Wettbewerbsspielräume durch Kostensenkung machen den Unternehmen Mut zu Investitionen. Aber das heißt nicht, daß sich nun sofort eine deutsche „Jobmaschine“ zu drehen beginnt. Die Umfragen zeigen, daß die Motive „Modernisierung“ und „Rationalisierung“ bei fast allen Investoren die beherrschende Rolle spielen. Bei allem Verständnis für die Ungeduld der Arbeitslosen: Eine realistische Deutung des Wahrscheinlichen entwertet die Bemühungen um Vernunft in der Lohnpolitik nicht. Der Lichtschimmer am Horizont wäre ohne diese Vernunft nicht aufgetaucht. Unvernünftig aber wäre es, aus politischem Opportunismus die erste Besserung schon für den garantierten Erfolg auszugeben.
Die „Berliner Zeitung“ kommentiert die Erklärung des Berliner Justizsenators zur Kinder- und Jugendkriminalität: Kaum im Amt, gab der neue Berliner Justizsenator Ehrhart Körting der wachsenden Kinder- und Jugendkriminalität einen Namen: Es sind die Namen der Eltern jedes einzelnen Täters. Körting konstatiert die Tendenz, daß Eltern „zuviel Verantwortung auf den Staat abschieben“. Er verweist auf deren Pflicht zur Erziehung, beklagt ihren Unwillen, den Weg ihrer Kinder ins Leben mit Liebe, Ermutigung, Vorbildlichkeit und gelegentlicher Strenge zu begleiten, mit Engagement und Augenmaß zu steuern. Eltern können an dieser Aufgabe scheitern. Aber davon sprach der Senator nicht: Seine Botschaft richtet sich an jene, die ohne äußere Zwänge aus Gedankenlosigkeit, aus purer Fixierung auf das Materielle oder selbstvergessenem Hedonismus ihre Kinder dem Staat abgeben und sich dabei hinter den schmalen Rücken derer verstecken, die in echter Not sind.
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