■ Die Anderen: "Neue Zürcher Zeitung", "La Repubblica" zur Abstimmungsniederlage der CDU/CSU im Bundestag / "Le Monde" über den SPD-Kanzlerkandidaten / Berichtigung
Die „Neue Zürcher Zeitung“ schreibt zur Abstimmungsniederlage der CDU/CSU im Bundestag: Der Vorgang vom Donnerstag ist höchst bemerkenswert. Zunächst ist die Pirouette all jener SPD-Abgeordneten zu erwähnen, die nun plötzlich ihr Votum vom 16. Januar umstießen. Der Jubel bei den Sozialdemokraten nach der Abstimmung dürfte sich daher wohl hauptsächlich auf die Niederlage der Regierung beziehen und weniger auf die eigene Inkonsequenz. Bei den konsternierten Unionsparteien wird die bittere Kritik an der SPD von jener an der eigenen Koalitionspartnerin, der FDP, noch übertroffen. Für die CDU/CSU ist es in der Tat doppelt schmerzhaft, nach der Schlappe vom Sonntag in Niedersachsen nun auch im Bundestag den kürzeren gezogen zu haben, und dies nicht zuletzt wegen einiger Dissidenten in den eigenen Reihen.
In „Le Monde“ schreibt der Publizist Alexandre Adler über den SPD-Kanzlerkandidaten: Das moderne Deutschland ist nie gut mit zu ideologischen Führern gefahren. Aber es toleriert auch nicht für längere Zeit eine technokratische Mittelmäßigkeit. Wonach Deutschland tatsächlich verlangt, sind große Kanzler, die gleichzeitig einen historischen Meilenstein und eine deutliche persönliche Erfahrung verkörpern. Wenn Schröder eines Tages in diese bereits sagenhafte Ahnengalerie einzieht, wird er es als Bannerträger einer Partei der industriellen Demokratie tun, die heute allein in der Lage ist, die Wiedervereinigung zu vollenden und die Deutschen zu einem Volk zu machen, das von den Segnungen der globalen Moderne überzeugt ist. Warum sollte Europa eine solche Aussicht befürchten?
Die Niederlage der Koalition im Bundestag kommentiert „la Repubblica“ aus Rom: Der Wind aus Hannover hat den Bundestag erreicht. Wenige Tage nach dem Triumph Gerhard Schröders ist die Koalition Helmut Kohls erstmals seit ihrem Machtantritt 1982 im Bundestag gespalten gewesen und ist „untergegangen“. Was am Donnerstag beim Parlamentsvotum über die Rechte der Polizei zum elektronischen Abhören passiert ist, stellt das erste dramatische Beispiel dar, wie der Effekt Schröder das politische Gleichgewicht in Deutschland verletzlicher und wankender macht. Noch schlimmer für den Kanzler ist es, daß die Niederlage das Thema Innere Sicherheit berührt, eines der Hauptthemen im Wahlkampf seiner Partei.
BERICHTIGUNG
In dem gestrigen Kommentar zur Rühes Kenntnisstand in der Roeder-Affäre von Bettina Gaus wurde während der redaktionellen Bearbeitung aus Volker Rühes Staatssekretär Peter Wichert versehentlich ein Peter Wichter. Sorry.
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