■ Die Anderen: "Le Monde" fordert, Pol Pot als Kriegsverbrecher vor Gericht zu stellen / "The Guardian" kommentiert die Behandlung P.W.Botha's durch die vom ANC gestellte Regierung / "Die Presse" (Wien) schreibt zur Groer-Affäre
„Le Monde“ (Paris) fordert, den früheren kambodschanischen Rebellenchef Pol Pot als Kriegsverbrecher vor Gericht zu stellen: Im Vergleich zu Pol Pot und seinen Schergen verblassen nahezu die Kriegstreiber vom Balkan oder aus Afrika, die heute im internationalen Scheinwerferlicht stehen. Dennoch wäre es verwunderlich, wenn es zu einem Prozeß käme. Aus einem entscheidenden Grund: Keiner will, daß Pol Pot redet.
Seine ehemaligen Waffengefährten nicht, deren Schicksal von ihm abhängt. Viele kambodschanischen Politiker nicht, die Enthüllungen zu befürchten haben, wie sie sich mit den Roten Khmer eingelassen haben. Seine ehemaligen chinesischen Mentoren nicht, die ihm eine Zeitlang die Ideen für seine mörderischen Launen lieferten und ihn aktiv unterstützten. Und im Grunde auch nicht die Länder, die sich mit Prokura des Westens und der Sowjetunion während des Kalten Kriegs auf kambodschanischem Boden einen dritten Indochina-Krieg lieferten.
„The Guardian“ (London) kommentiert die Behandlung des früheren Staatspräsidenten von Südafrika, P.W. Botha, durch die vom ANC gestellte jetzige Regierung: Der ANC ist sich nur zu bewußt, daß Botha nicht alleine steht. Er vertritt eine tiefreichende Schicht von hartnäckigem Rassismus unter den Weißen, die weiter wütend und bitter sind und nicht mit ihrem beschränkten Status in der neuen Ordnung zurecht kommen. Eine am Verhandlungstisch vereinbarte Friedensregelung ist eine wunderbare Sache. Sie bringt aber nicht sofort eine von Fanatismus und Haß freie neue Gesellschaft zustande, wie Südafrika feststellen mußte. Noch auf Jahre hinaus werden die Kräfte der Finsternis mühevoll ins Licht gelockt werden müssen.
„Die Presse“ (Wien) schreibt zur Groer-Affäre: Es ist ja kein Widerspruch zur christlichen Lehre – in Wahrheit sogar eine Bestätigung –, wenn ein Kardinal sündigt. Die Kirche hat sogar noch schlimmere Päpste überlebt. Es ist freilich alles andere als eine Hilfe für die Wiederbelebung dieser Kirche, wenn die „Bitte“ des Papstes an Groer, seinen „Wirkungskreis“ aufzugeben, die gesamte Reaktion Roms auf Groers Verirrungen gewesen sein sollte. Es wäre schwer vorstellbar, wenn es nicht auch ein Wort der Liebe und Gerechtigkeit an all jene geben sollte, die selbst Opfer Groers geworden sind. Es wäre schlicht unvorstellbar, wenn Groer auch weiterhin das Recht haben sollte, den nächsten Papst mitzubestimmen. Rom muß also zumindest zweifach handeln. Erst dann wäre für die Gläubigen glaubwürdig, daß eine Kirche der Liebe auch sündige Oberhirten mit Barmherzigkeit behandeln kann und soll – und daß die Kirche sich nicht von den Medien treiben lassen darf.
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